WEBVTT - https://subtitletools.com 00:00:20.070 --> 00:00:26.970 Also Ende des 19. Jahrhunderts, Anfang des 20. Jahrhunderts haben wir eigentlich in Bezug auf die Frage nach dem Frauenwahlrecht 00:00:26.970 --> 00:00:30.620 eine Spaltung in den Frauenbewegungen könnte man sagen 00:00:30.870 --> 00:00:33.920 Wir haben auf der einen Seite die liberal-bürgerliche Frauenbewegung 00:00:33.920 --> 00:00:39.620 und auf der anderen Seite die Sozialdemokratinnen, die für das universelle Frauenwahlrecht 00:00:39.620 --> 00:00:44.300 ohne Unterschied des Standes, des Besitzes etc. eingetreten sind. 00:00:44.620 --> 00:00:48.170 Wir haben aber eigentlich die ganz große Masse der politisch aktiven Frauen, 00:00:48.170 --> 00:00:51.800 wenn wir die jetzt verorten in der katholischen Reichsfrauenorganisation 00:00:52.000 --> 00:00:58.750 oder auch sehr zersplittert in verschiedenen deutsch-nationalen oder anderen nationalistischen Frauengruppen 00:00:58.970 --> 00:01:01.800 eigentlich einen sehr starken Block, der dagegen war. 00:01:02.470 --> 00:01:06.720 Das Paradoxe ist, dass diese Frauen natürlich politisch aktiv waren. 00:01:06.720 --> 00:01:13.670 Sie haben etwa auf christlich-sozialer Seite Wahlkampf für den Bürgermeisterkandidaten Dr. Karl Lueger in Wien geführt, 00:01:13.670 --> 00:01:21.550 oder waren in Oberösterreich aktiv in dem ganzen deutsch-nationalen Kulturkampf gegen Katholizismus und Liberalismus. 00:01:22.050 --> 00:01:27.570 Und diese Frauen waren obwohl sie sich eigentlich politisch engagiert haben 00:01:27.800 --> 00:01:33.670 definitiv dagegen, dass Frauen auch als das politische Geschlecht definiert worden wären. 00:01:34.300 --> 00:01:42.170 Das heißt sie haben nicht das Frauenwahlrecht gefordert, sie haben nicht gefordert, dass der § 30 im Vereinsrecht reformiert würde, 00:01:42.170 --> 00:01:48.270 sondern haben quasi dieser- sind quasi dieser bürgerlichen Geschlechterordnung gefolgt, 00:01:48.550 --> 00:01:57.100 wo die Frauen ganz idealtypisch ihr Reich im Haus gehabt haben und der Mann in der Öffentlichkeit, im Kampf gestanden ist. 00:02:02.120 --> 00:02:13.200 Also ganz entsprechend der bürgerlichen Geschlechterordnung ist der öffentliche Raum, der politische Raum auch der Raum der Erwerbsarbeit als männlich definiert worden. 00:02:13.400 --> 00:02:17.250 Muss man hart sein, durchsetzungsfähig sein, man muss kämpfen. 00:02:17.250 --> 00:02:21.350 Und genau dieses 'Schlachtfeld' unter Anführungszeichen 00:02:21.520 --> 00:02:27.700 wollten eigentlich die katholischen und auch die deutsch-nationalen Frauen dem Mann überlassen, den Männern 00:02:27.700 --> 00:02:31.870 und für sich selber haben sie entsprechend ihrer so genannten weiblichen Eigenart 00:02:32.420 --> 00:02:38.120 das Feld des Hauses, der Familie, der Weiblichkeit in Anspruch genommen. 00:02:38.120 --> 00:02:45.870 Und deswegen wollten sie eben auch eigentlich die Verantwortung für diesen weiblichen Bereich des Hauses, der Familie 00:02:45.870 --> 00:02:50.550 und nicht die Verantwortlichkeit für den Raum des Politischen. 00:02:55.720 --> 00:03:04.170 Das Verhältnis zwischen Sozialdemokratinnen und bürgerlich-liberalen Frauenaktivistinnen könnte man als freundschaftliche Konkurrenz bezeichnen. 00:03:04.500 --> 00:03:10.850 Die Sozialdemokratinnen waren von Seiten der sozialdemokratischen Männerpartei eigentlich ziemlich unter Druck, 00:03:11.150 --> 00:03:17.850 sich nicht zu viel mit diesen bürgerlich-liberalen, auch Feministinnen genannten Frauen einzulassen. 00:03:18.270 --> 00:03:22.600 Die Sozialdemokratie hatte Angst vor dem so genannten Weiberseparatismus. 00:03:23.020 --> 00:03:28.300 Sie hatten Angst, dass die Frauen weg von der sozialdemokratischen Partei kommen könnten, 00:03:28.300 --> 00:03:32.650 und hin eben zu dieser Bewegung der parteiunabhängigen Frauen. 00:03:33.070 --> 00:03:38.570 Dazu muss man natürlich auch sagen, dass der §30 während der Habsburger Monarchie 00:03:38.800 --> 00:03:42.700 es auch allen Frauen und so auch den Sozialdemokratinnen verboten hat, 00:03:42.700 --> 00:03:46.800 Mitglied in einer politischen Partei oder in einem politischen Verein zu werden. 00:03:47.320 --> 00:03:50.970 Von daher war die Sozialdemokratie Partei eine Männerpartei. 00:03:51.120 --> 00:03:57.270 Und die sozialdemokratischen Frauen hatten sich in ihrer sozialdemokratischen Frauenorganisation organisiert. 00:04:02.570 --> 00:04:09.720 Im Forderungskatalog der bürgerlich-liberalen Frauenbewegung war vor allem die rechtliche, politische Gleichstellung zentral. 00:04:10.000 --> 00:04:16.470 Und dazu hat gehört das Frauenwahlrecht, dazu hat gehört, die gleichen Rechte als Staatsbürgerinnen zu bekommen. 00:04:16.900 --> 00:04:22.050 Dazu hat gehört die Reform des patriarchalen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, 00:04:22.050 --> 00:04:27.170 oder eben auch die Aufhebung des Verbotsparagraphen 30 für politisches Engagement. 00:04:27.520 --> 00:04:30.600 All das haben die Sozialdemokratinnen auch gefordert. 00:04:30.750 --> 00:04:37.500 Schließlich war die sozialdemokratische Partei auch die erste, 1892 bereits das universelle Wahlrecht, 00:04:37.500 --> 00:04:41.170 nämlich auch eines für Frauen in ihr Parteiprogramm festgeschrieben hat. 00:04:41.750 --> 00:04:50.770 Aber trotzdem, der Schwerpunkt dieser politischen- oder dieses Forderungskatalogs der Sozialdemokratinnen lag auf dem Bereich der Erwerbsarbeit. 00:04:51.650 --> 00:04:58.970 Die große Fraktion der sozialdemokratischen Bewegung oder der Arbeiter- und Arbeiterinnenbewegung waren die Gewerkschaften. 00:04:59.500 --> 00:05:05.200 Und diese Gewerkschaften pochten auf ihre Priorität, d.h. gleicher Lohn für gleiche Arbeit, 00:05:05.470 --> 00:05:10.170 oder dass Frauen in verschiedenen Berufs- Erwerbszweigen auch eingesetzt werden würden. 00:05:10.470 --> 00:05:16.000 Das heißt wir haben hier einen Schwerpunkt in Bezug auf Erwerbsarbeit im Bereich der Sozialdemokratinnen 00:05:16.350 --> 00:05:22.970 Auch wenn Sozialdemokratinnen und bürgerlich-liberale Frauen oft genau die selben Forderungen vertreten haben, 00:05:23.200 --> 00:05:27.950 gab es auf Seiten der Sozialdemokratinnen den Globalvorwurf 00:05:28.150 --> 00:05:34.470 Ihr macht das alles vom Bourgeois-Standpunkt, also vom Standpunkt, also vom Standpunkt der Bürgerlichkeit aus. 00:05:34.700 --> 00:05:41.500 Und gleichzeitig haben bürgerlich-liberalen Frauen den Sozialdemokratinnen vorgeworfen immer auf die Männer zu hören. 00:05:41.520 --> 00:05:45.900 Und die originär Frauenspezifischen Forderungen zurückzustellen. 00:05:46.350 --> 00:05:50.720 Und dem Parteiinteresse immer den Vorrang zu geben. 00:05:51.220 --> 00:05:59.300 Das kommt dann zu ganz konkreten 'Konfliktlinien' unter Anführungszeichen, als etwa 1890er Jahre, ganz am Beginn 00:05:59.300 --> 00:05:59.300 die bürgerlich-liberalen Frauen die Sozialdemokratinnen dazu eingeladen haben, doch gemeinsam einen Frauentag 00:05:59.470 --> 00:06:06.650 die bürgerlich-liberalen Frauen die Sozialdemokratinnen dazu eingeladen haben, doch gemeinsam einen Frauentag zu organisieren. 00:06:06.650 --> 00:06:12.200 und die Sozialdemokratinnen, obwohl sie dieselben Forderungen vertreten haben, das zurückgewiesen haben. 00:06:17.370 --> 00:06:22.670 Die Forderung nach dem Frauenwahlrecht hat Sozialdemokratinnen und bürgerlich-liberale Frauen geeint. 00:06:22.670 --> 00:06:27.370 Das war besonders in den ersten Jahren nach der Jahrhundertwende 1900 so, 00:06:27.400 --> 00:06:31.070 man hat sich gegenseitig bei den Veranstaltungen unterstützt, hat sich besucht, 00:06:31.070 --> 00:06:37.700 mitunter auch Artikel von der jeweils anderen Frauenbewegung in der eigenen Publikation veröffentlicht. 00:06:38.770 --> 00:06:42.400 Wieder aufgelebt ist die Zusammenarbeit dann 00:06:42.400 --> 00:06:47.070 nachdem die sozialistische Fraueninternationale 1910 00:06:47.500 --> 00:06:51.770 für alle Länder der Welt den so genannten Internationalen Frauentag eingeführt hat. 00:06:51.770 --> 00:06:56.350 An diesem Internationalen Frauentag sollte der Kampf, das Engagement 00:06:56.350 --> 00:06:59.550 für die Einführung des universellen Frauenwahlrechts wieder 00:06:59.550 --> 00:07:02.670 zu einer großen, hohen Konjunktur zugeführt werden. 00:07:03.020 --> 00:07:07.750 Und hier marschieren dann 1911 25.000 Frauen und Männer 00:07:08.120 --> 00:07:10.070 über den Ring in Wien. 00:07:10.070 --> 00:07:15.170 Und bei der Abschlusskundgebung waren nicht nur Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten engagiert, 00:07:15.170 --> 00:07:21.720 sondern eben auch eine Vertreterin des bürgerlich-liberalen Frauenstimmrechts-Komitees, Ernestine von Fürth. 00:07:21.850 --> 00:07:26.500 Besonders als während des Ersten Weltkriegs, in der zweiten Hälfte des Ersten Weltkriegs 00:07:27.000 --> 00:07:34.600 die staatlichen Organe keine Chance mehr hatten, die freie Meinungsäußerung in der Öffentlichkeit zu unterdrücken, 00:07:34.600 --> 00:07:39.150 und es wieder vermehrt auch zu so genannten politischen Veranstaltungen gekommen ist, 00:07:39.450 --> 00:07:43.670 können wir gerade auf der Regional- und auf der Lokalebene 00:07:43.670 --> 00:07:49.100 eine Zusammenarbeit von Sozialdemokratinnen und bürgerlich-liberalen Frauen beobachten, 00:07:49.100 --> 00:07:55.350 die sich vor allem um die Forderung nach dem regionalen Frauenstimmrecht gruppiert haben. 00:07:55.350 --> 00:08:01.250 Also das Gemeindewahlrecht für alle Frauen hat hier sehr bald wieder zu einer Zusammenarbeit geführt. 00:08:06.450 --> 00:08:11.300 Therese Schlesinger kommt aus einem großbürgerlichen, jüdischen Haushalt, und wird 00:08:11.750 --> 00:08:17.870 ungefähr als 30-Jährige in den 1890er Jahren Mitglied des allgemeinen österreichischen Frauenvereins, 00:08:17.870 --> 00:08:25.250 das heißt einer Fraktion der liberal-bürgerlichen Frauenbewegung in Österreich, einer sehr radikalen Fraktion, 00:08:25.320 --> 00:08:33.470 die also auch das Privateigentum z.B. an Produktionsmitteln, also eigentlich in einer sozialistischen Terminologie hinterfragt. 00:08:34.170 --> 00:08:40.670 Therese Schlesinger kümmert sich irgendwie auch sehr um wie geht's den Arbeiterinnen, wie geht's den Frauen der unteren Klassen. 00:08:40.670 --> 00:08:50.400 Sie hat also eine Position, die die ganze Frauenfrage jetzt nicht nur unter Anführungszeichen an 'höhergestellten Frauen', 00:08:50.450 --> 00:09:00.320 an Frauen der Mittelklasse, der Mittelschichten festmacht, sondern sich auch der Lage der Arbeiterinnen konzentrieren möchte. 00:09:00.320 --> 00:09:07.070 Und das vertritt sie irgendwie sehr offensiv 1897 bei einem internationalen Frauenkongress in Berlin. 00:09:07.270 --> 00:09:12.770 Und weniger die Österreicherinnen, aber vor allem die deutschen bürgerlich-liberalen Frauen sind empört 00:09:12.900 --> 00:09:17.770 über diesen sozialistischen Standpunkt, den Schlesinger angeblich dort vertreten hätte. 00:09:18.670 --> 00:09:24.800 In der Folge tritt Schlesinger aus und in die sozialdemokratische Frauenorganisation ein. 00:09:24.800 --> 00:09:31.570 Man muss aber sagen, dass auch diese große Karriere, die Schlesinger dann innerhalb der sozialdemokratischen Partei gemacht hat, 00:09:32.070 --> 00:09:35.770 also sie wird Nationalratsabgeordnete, sie wird Bundesrätin, 00:09:36.050 --> 00:09:41.550 sie wird verantwortlich, für den großen programmatischen Entwurf des Frauenprogramms, 00:09:41.550 --> 00:09:44.620 des so genannten Linzer Programms von 1926, 00:09:45.050 --> 00:09:53.070 Dass trotz dieser großen Karriere, Schlesinger immer auch so ein bisschen eine Außenseiterin geblieben ist innerhalb der Sozialdemokratie. 00:09:53.650 --> 00:09:57.970 Eine Außenseiterin erstens, weil sie aus großbürgerlichem Hause gekommen ist. 00:09:57.970 --> 00:10:02.250 Ok, das wären irgendwie gewisse männliche Eliten der Sozialdemokratie auch, 00:10:02.700 --> 00:10:09.700 aber sie war eine ganz bekennende Feministin. Sie war zuerst in der bürgerlich-liberalen Frauenbewegung, 00:10:09.700 --> 00:10:17.320 ist natürlich auch mit dieser Haltung und mit den Inhalten innerhalb der sozialdemokratischen Frauenbewegung aufgetreten. 00:10:17.520 --> 00:10:23.000 Sie hat darauf gepocht, dass die gleichen politischen Rechte für Frauen eminent notwendig und wichtig sind, 00:10:23.000 --> 00:10:31.450 dass gleiche Bildungschancen für Mädchen eminent wichtig sind, und nicht nur die Forderungen der Gewerkschaften den größten Raum einnehmen sollten. 00:10:32.120 --> 00:10:39.500 Das ist also quasi der Hintergrund von Therese Schlesinger und auch ihren Schwierigkeiten innerhalb der sozialdemokratischen Partei. 00:10:44.720 --> 00:10:50.520 Die große katholische Reichsfrauenorganisation hat Anfang der 1930er Jahre 00:10:50.520 --> 00:10:55.100 rund 150-160.000 Frauen in Österreich organisiert. 00:10:55.100 --> 00:11:00.800 Also diese riesige Frauenorganisation hat sich sehr viel vom christlichen Ständestaat erhofft. 00:11:01.570 --> 00:11:04.170 Ihre Zeitung hat getitelt: 00:11:04.170 --> 00:11:09.550 Endlich raus aus dem Parlament, endlich fort mit dem Parlament. 00:11:09.670 --> 00:11:13.600 und hat eigentlich geglaubt, in einem neuen Staat 00:11:13.820 --> 00:11:24.370 der auf die so genannten natürlichen Geschlechts-Charaktere wieder eingehen würde, würden sie als Frauen auch eine größere Vertretung bekommen. 00:11:25.000 --> 00:11:31.400 Dem war aber nicht so, sondern die neuen Machthaber wollten diese große katholische Reichsfrauenorganisation 00:11:31.900 --> 00:11:37.370 zerschlagen ist vielleicht zu viel aber sie wollten sie auf jeden Fall unter Kurantel bekommen. 00:11:37.900 --> 00:11:40.050 Sie haben in einem ersten Schritt vorgeschlagen, 00:11:40.250 --> 00:11:43.350 dass die große katholische Frauenorganisation 00:11:43.350 --> 00:11:48.100 innerhalb der Vaterländischen Front eine eigene Frauenabteilung bilden sollte, 00:11:48.350 --> 00:11:52.420 Das ist an dem Widerstand der katholischen Frauen gescheitert. 00:11:52.800 --> 00:11:55.750 In einer zweiten Variante sollten sie dann 00:11:55.870 --> 00:12:01.200 Mitglied in der Katholischen Aktion werden, also einer männlichen Laienorganisation, 00:12:01.200 --> 00:12:05.170 die einige Jahre vorher gegründet worden ist. 00:12:05.400 --> 00:12:16.120 Das war dann eigentlich so die Lösung, dass die katholische Reichsfrauenorganisation die Selbstständigkeit, vor allem die finanzielle Selbstständigkeit verloren hat, 00:12:16.470 --> 00:12:20.270 und in diese Katholische Aktion eingegliedert worden ist. 00:12:20.750 --> 00:12:28.350 Schaut man sich das konkret je nach Diözese an, kommt man drauf, dass es da sehr unterschiedliche Praktiken gegeben hat. 00:12:28.770 --> 00:12:36.370 Dass also in manchen Bundesländern doch die Vaterländische Front gewählt worden ist als Organisation, 00:12:36.370 --> 00:12:44.350 dass in anderen Bundesländern die katholische Frauenorganisation ganz normal auch mit ihrem Namen weiterbestanden hat, 00:12:44.720 --> 00:12:50.650 offiziell unter dem Schirm der Katholischen Aktion war, aber davon merkt man überhaupt nichts in der Öffentlichkeit. 00:12:55.800 --> 00:13:02.770 Politisches Handeln während des autoritären christlichen Ständestaats von Seiten der sytemaffirmativen Frauen 00:13:02.850 --> 00:13:10.150 hat vor allem den großen Bereich der Reproduktion betroffen, also es kam zu einer Aufwertung des Mutter-Seins. 00:13:10.720 --> 00:13:19.420 Große Mütter-Abteilungen sind gegründet worden, ad Vorbild war das faschistische Italien. 00:13:19.420 --> 00:13:25.900 Also hier wollte man den Österreicherinnen, es war ja die Österreich-Ideologie ganz wichtig, 00:13:25.900 --> 00:13:31.470 vermitteln, dass sie ganz wichtig sind für die Aufrechterhaltung des Staates. 00:13:31.850 --> 00:13:40.050 Also diese systemaffirmativen Frauen haben sich vor allem um diese Rolle von Frauen als Müttern gekümmert. 00:13:40.470 --> 00:13:49.700 Die Frauen, die in der Opposition waren, nämlich Nationalsozialistinnen, Sozialistinnen oder Sozialdemokratinnen, Kommunistinnen 00:13:49.720 --> 00:13:53.970 haben eigentlich hauptsächlich versucht, das Regie in Frage zu stellen. 00:13:53.970 --> 00:13:59.220 Also von ihrer Seite aus ganz wenige frauenspezifische Handlungen in dieser Zeit. 00:13:59.750 --> 00:14:06.620 Wenn sie frauenspezifische Handlungen sag ich jetzt getätigt haben wie z.B. die Sozialdemokratinnen 00:14:07.170 --> 00:14:16.120 respektive Sozialistinnen oder die Kommunistinnen, die heimlich unter Anführungszeichen den internationalen Frauentag gefeiert haben, 00:14:16.300 --> 00:14:24.370 das war wirklich eine Feier für sie selber die ihre eigene Moral sag ich jetzt, ihren Mut aufrecht erhalten sollte, 00:14:24.500 --> 00:14:29.270 und weniger jetzt eine die Gesamtbewegung betreffende Fragestellung. 00:14:34.420 --> 00:14:38.200 Also gänzlich ausgeschlossen während des autoritären christlichen Ständestaats 00:14:38.200 --> 00:14:45.470 waren politisch oppositionelle Frauen, das waren in der Zeit Nationalsozialistinnen, Sozialistinnen und Kommunistinnen. 00:14:45.850 --> 00:14:53.250 Diese Frauen waren sehr wohl aktiv, sie waren unter den Bedingungen der Klandestinität aktiv. 00:14:53.670 --> 00:15:06.650 Und unter den Bedingungen der Klandestinität sind sie eigentlich von allen diesen drei Gruppierungen hergenommen worden, die politisch oppositionelle Arbeit zu tarnen. 00:15:07.120 --> 00:15:12.800 Das heißt sie haben Flugblätter oder auch Bomben transportiert in Kinderwägen 00:15:13.170 --> 00:15:20.100 oder illegale geheime Versammlungen haben im Beisein von Frauen stattgefunden 00:15:20.100 --> 00:15:25.520 um das irgendwie so zu tarnen als ob das eine Freizeitveranstaltung wäre. 00:15:25.770 --> 00:15:31.920 Das heißt wir haben also unter den Bedingungen der Klandestinität, dem Ende der demokratischen Freiheiten 00:15:32.220 --> 00:15:39.920 ein wieder zurückgehen auf so genannte traditionelle Geschlechterrollen, auf die bürgerliche Geschlechterordnung, 00:15:40.350 --> 00:15:48.320 die ja die neuen Machthaber vertreten haben, und dadurch haben die neuen Machthaber auch gar nicht ihren Horizont so weit gehabt, 00:15:48.320 --> 00:15:54.950 dass Frauen eben auch politisch sein konnten, sondern in ihrem Kopf verankert war die unpolitische Frau. 00:15:55.850 --> 00:16:03.270 Und dann würde ich jetzt vorschlagen, dass wir uns die Rede von der Motzko vornehmen. 00:16:03.400 --> 00:16:11.500 (Historische Anmoderation:) Hallo hallo, es spricht jetzt Frau Stadträtin Dr. Alma Motzko. 00:16:12.000 --> 00:16:36.850 Frauen von Wien. Oft waren in größter Gefahr und letzter Stunde die Frauen die Retter der Heimat. Rettet Wien vor dem Untergang. Auf zum Sturm gegen den Rathausbolschewismus, der für eure Männer und Söhne und Töchter kein Brot hat, der in 13-jährigem Steuerkrieg unsere Wirtschaft zum verdorren gebracht hat. 00:16:37.150 --> 00:17:05.060 der Aufträge und Arbeitsposten nur nach der roten Mitgliedskarte vergibt. Sturm gegen den Bolschewismus, der für Fürsorge nur Reklame und verlogener Schein ist, der unsere Alten in Not verkommen lässt, der die Kinder armer Eltern hungern lässt, der für uns keine Wohnungen hat, nur für die roten Parteifreunde und Parteivereine. 00:17:05.250 --> 00:17:38.500 junge Ehen zerbrechen an dem Wohnungselend, Kinder sterben in überfüllten ungesunden Räumen, 100.000 Ansuchen liegen auf dem Wohnungsamt, in 13 Jahren keine Besserung der Wohnungsnot. Schluss mit der roten Verwaltungskomödie. Frauen von Wien, Sturm gegen den Bolschewismus, der Eure Ehen zerstört. Die russische Eheverlotterung brauchen wir nicht in Wien. 00:17:39.000 --> 00:18:02.750 Sturm gegen den Schulbolschewismus, der unseren Kindern Glaube und jegliche Kraft raubt statt ihnen echtes Wissen zu geben. Sturm gegen den Bolschewismus der Recht und Ordnung verhöhnt, der Brandflaschen häuft und für den Bürgerkrieg rüstet. Wir Frauen wollen keinen Krieg mehr. 00:18:03.000 --> 00:18:35.500 Sturm drum gegen alle, die mit uns Sturz und Rebellion spielen. Sturm gegen Sozialisten und Kommunisten, gegen Hakenkreuzler und alle die unseren Kampf gegen den Bolschewismus stören wollen. Frauen von Wien, schart euch einig und geschlossen um die Fahne Luegers, des großen Volksmannes, der allein die Größe Wiens und das Glück seiner Bewohner begründet hat. 00:18:36.000 --> 00:19:01.120 Helft sein Erbe lebendig machen, zum neuen Heil für unsere Stadt und Eure Familien. Frauen von Wien, ich ruf euch in 12ter Stunde auf zur Befreiung Wiens. Alle Kraft Eures Werbens und jede Stimme am 24. April zur Christlich-Sozialen Partei. 00:19:01.570 --> 00:19:11.770 Alma Motzko Seitz war diejenige christlich-soziale Gemeinderätin, die während der gesamten demokratischen ersten Republik Gemeinderätin in Wien gewesen ist. 00:19:11.900 --> 00:19:22.200 und sie rekurriert hier auf ein Argument, das die christlich-sozialen Frauen auch in ihrer Auseinandersetzung 00:19:22.370 --> 00:19:28.250 mit der christlich-sozialen Partei, Ende des Ersten Weltkriegs immer wieder angeführt haben, 00:19:28.300 --> 00:19:36.850 warum Frauen nicht nur das passive sondern auch das aktive Wahlrecht bekommen sollten, warum Frauen in die Politik hinein müssen. 00:19:36.850 --> 00:19:41.200 Nämlich weil Frauen auf Grund ihres Geschlechts, des weiblichen Geschlechts-Charakters 00:19:41.470 --> 00:19:45.020 eine ganz spezifische Rolle in der Öffentlichkeit spielen konnten. 00:19:45.020 --> 00:19:51.450 Und hier rekurriert sie auf die katholischen Frauen, maskiert das allerdings als 'wie Frauen' 00:19:51.800 --> 00:19:58.300 die gegen das kriegerische des Rathaus-Bolschewismus angehen sollten. 00:19:58.300 --> 00:20:02.400 Dabei muss man sagen, allein an dieser Terminologie merkt man schon, 00:20:02.400 --> 00:20:07.650 wie gespalten die politische Kultur hier im Jahr 1932 war. 00:20:08.100 --> 00:20:15.800 Die Terminologie des Rathaus-Bolschewismus hat natürlich mit der sozialdemokratischen absoluten Mehrheit im Wiener Gemeinderat, 00:20:15.800 --> 00:20:19.770 im so genannten Roten Wien nichts gemein gehabt. 00:20:19.950 --> 00:20:27.450 Motzko Seitz konstruiert hier auf der einen Seite das 'wir Frauen', also die Frauen sollten die Retterinnen Wiens werden, 00:20:27.720 --> 00:20:36.450 Und auf der anderen Seite konstruiert sie ein 'wir', das ausgeschlossen wird von der roten, sozialdemokratischen Mehrheit in dieser Stadt. 00:20:37.070 --> 00:20:48.300 Sie- propagandistisch fährt sie eigentlich die Argumentation, dass Wien und vor allem die Wiener Stadtverwaltung in den 1920er Jahren 00:20:48.620 --> 00:20:54.120 zu Elend, zu Verarmung, zu Wohnungsnot geführt haben. 00:20:54.250 --> 00:20:58.650 Wenn man heute noch über die Wiener Ringstraße fährt, 00:20:58.720 --> 00:21:06.770 sieht man eigentlich die Gemeindebauten als Denkmäler für die Bemühungen des Roten Wiens in den 1920er Jahren, 00:21:06.770 --> 00:21:11.070 eben gerade z.B. diese Wohnungsnot abzumildern. 00:21:11.500 --> 00:21:14.920 Sie rekurriert auch auf die zerbrechenden Ehen, 00:21:14.970 --> 00:21:20.620 ich denk mir das ist eine ganz eine wichtige Frage, die in den 1920er Jahren 00:21:20.620 --> 00:21:25.370 nicht nur die sozialdemokratisceh Gemeindepolitik sehr beschäftigt haben, 00:21:25.370 --> 00:21:33.900 und wo viele Eheberatungsstellen und anderes eingerichtet worden waren, sondern auch politische Mitbewerber, Mitbewerberinnen. 00:21:33.970 --> 00:21:43.920 Die Kommunistische Partei hat sich um diese Problematik der Wohnungsnot für junge Leute und daraus ergebende Sexualprobleme gekümmert. 00:21:44.100 --> 00:21:55.320 Und wir können also feststellen, dass die katholischen Frauen sich gerade rund um 1930 dieses Themas sehr konkret annehmen. 00:21:55.550 --> 00:21:57.850 Nicht nur in Wien, sondern auch in den Bundesländern, 00:21:57.850 --> 00:22:08.820 etwa in Linz werden Frauengeprächsrunden gegründet, wo Ärzte dabei sind, wo- heute würde man sagen Sozialarbeiterinnen, also Fürsorgerinnen dabei sind, 00:22:09.050 --> 00:22:16.070 wo über diese ganzen privaten Probleme gesprochen wurde, und darauf versucht Motzko hier zu rekurrieren. 00:22:16.450 --> 00:22:24.020 Der Hintergrund irgendwie auch dieser Terminologie des Bolschewismus,der hier mit Sozialdemokratie und Rotem Wien in Eins gesetzt wird, 00:22:24.200 --> 00:22:34.970 Hängt sicherlich damit zusammen,dass nach 1917, als die Bolschewiki in der russischen Oktoberrevolution die Macht übernommen haben 00:22:35.120 --> 00:22:40.420 es zu einer- zu geschlechterpolitischen, zu Frauenfördenrden Maßnahmen gekommen ist, 00:22:40.420 --> 00:22:46.750 was für große Teile der so genannten westlichen, auch katholischen, christlichen Welt 00:22:47.050 --> 00:22:54.070 sprichwörtlich ein rotes Tuch bedeutet hat. Nämlich Ehescheidung, d.h. die Ehescheidung ist möglich geworden. 00:22:54.070 --> 00:22:56.500 Das heißt die Zivilehe ist eingeführt worden, 00:22:56.500 --> 00:23:02.600 die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs ist verordnet worden, gleicher Lohn für gleiche Arbeit. 00:23:02.600 --> 00:23:10.770 Also die frühe Sowjetunion hat versucht, das die Geschlechterbeziehungen auf neue Füße zu stellen. 00:23:10.770 --> 00:23:21.700 Das hat nicht sehr lang gedauert, aber das ist als Bild, 'der Ehebolschewismus' als etwas wogegen man ganz aktiv kämpfen müsste 00:23:21.700 --> 00:23:27.570 gerade in der Ideologie der katholischen Frauen ganz ganz tief verankert gewesen. 00:23:27.750 --> 00:23:32.300 Und zwar auch mit dem Argument dass Frauen davor zu schützen seien, 00:23:32.600 --> 00:23:38.470 weil Männer eben durch die Einführung der Zivilehe, durch die Möglichkeit der Wiederverheiratung 00:23:39.000 --> 00:23:43.520 ganz schnell siche in einem bestimmten Alter wieder neue, jüngere Frauen suchen würden. 00:23:43.520 --> 00:23:50.250 Und die Frauen, die ja dem Idealbild entsprechend keiner Erwerbsarbeit nachgingen, das heißt 00:23:50.450 --> 00:23:57.450 existentiell ganz vom Einkommen des Mann abhängig waren, auch keine Existenzgrundlage nach der Scheidung mehr haben würden. 00:23:57.650 --> 00:24:04.300 Ein wichtiger Fokus des Kulturkampfes der in den 1920er Jahren 00:24:04.300 --> 00:24:12.970 zwischen katholischer Kirche, sprich christlich-sozialer Partei und der sozialdemokratischen Mehrheit in der Stadt bedeutet hat, 00:24:13.150 --> 00:24:16.050 war das ganze Thema Sexualität. 00:24:16.620 --> 00:24:26.650 Und das Thema Sexualität, das ja auch nicht von der sozialdemokratischen Partei jetzt als freie Liebe gefördert worden wäre, 00:24:26.720 --> 00:24:34.070 sondern im Gegenteil die soziakdemokratische Gemeindeverwaltung versucht hat, gerade die Reproduktion, das Kinderkriegen 00:24:34.070 --> 00:24:36.750 in möglichst geordnete Bahnen zu bekommen. 00:24:36.820 --> 00:24:41.970 Dafür haben die jungen Eltern auch viel Serviceleistungen bekommen, 00:24:42.050 --> 00:24:50.600 von Babypaketen etc etc. Also die freie Liebe war eigentlich überhaupt nicht das Thema der sozialdemokratischen Partei. 00:24:50.670 --> 00:24:53.170 Wohl war aber ein Thema Aufklärung. 00:24:53.270 --> 00:25:01.370 Also die große Masse der Bevölkerung sollte darüber Bescheid wissen, wie man zu einem Kind kommt, 00:25:01.370 --> 00:25:06.400 und auch Frauen wie man Lust bei der Sexualität hat. 00:25:06.450 --> 00:25:12.770 Das heißt Sexualität wurde schon von der Stadtverwaltung, von den ganzen Fürsorgeeinrichtungen 00:25:12.820 --> 00:25:17.320 getrennt von dem was die katholische Kirche Jahrzehnte lang gepredigt hat, 00:25:17.370 --> 00:25:22.050 nämlich Sexualität ist da, damit Kinder gezeugt werden. 00:25:22.200 --> 00:25:28.970 Und das war also auch für die katholischen Frauen eine Projektionsfläche für ganz viel Angst. 00:25:29.550 --> 00:25:35.150 Sie waren also sehr engagiert in dieser Thematik der Sittlichkeit der Jugend, ja, 00:25:35.270 --> 00:25:43.470 also Mädels durften nicht allein am Abend in Kinos gehen, Verlotterung hat gedroht, 00:25:43.550 --> 00:25:53.020 All das war also ganz wichtig für sie und ein Fokus des Kulturkampfes im Bereich Sexualität und Geschlechterbeziehungen in den 1920er Jahren in Wien. 00:25:53.300 --> 00:26:01.400 Ich find ganz ganz wichtig hier, dass Alma Motzko Seitz erst ganz am Ende ihrer Rede 1932 00:26:01.600 --> 00:26:10.970 bei den ganzen Feinden, die den sozialen Frieden, der ja doch in Österreich und auch im von ihr sehr beschimpften Wien geherrscht hat 00:26:10.970 --> 00:26:17.370 unter den Feinden Sozialisten, Kommunisten, erst ganz zum Schluss dann die Hakenkreuzler erwähnt. 00:26:17.650 --> 00:26:26.500 Das ist eigentlich eine ziemliche Schieflage, wenn die gesellschaftspolitische Situation in Mitteleuropa man sich vor Augen führt, 00:26:26.550 --> 00:26:36.900 wo gerade in Deutschland die NSDAP absolut im Aufschwung ist, wo auch in Österreich die NSDAP absolut im Aufschwung ist. 00:26:36.900 --> 00:26:41.570 Man hat noch keine konkreten Zahlen, nach dieser Wahl wird man die Zahlen haben, 00:26:41.600 --> 00:26:49.700 wie sehr die NSDAP von Männern wie von Frauen als politische Alternative angenommen wird. 00:26:49.970 --> 00:27:01.050 Aber in dieser Rede wird der absolute Schwerpunkt auf Bolschewismus gelegt, und diese Terminologie 00:27:01.170 --> 00:27:08.000 auf das Rote Wien, auf das sozialdemokratische Rote Wien überlagert um abschreckend zu sein. 00:27:08.000 --> 00:27:11.450 Und erst ganz am Schluss kommen bei ihr die Hakenkreuzler. 00:27:11.450 --> 00:27:17.000 Schaut man z.B. nach Linz, also in eine kleinere Stadt in Österreich, 00:27:17.070 --> 00:27:21.800 wie dort der Diskurs ist innerhalb der katholischen Frauenbewegung, 00:27:21.850 --> 00:27:27.320 muss man sagen, dass ie katholischen Linzerinnen schon Anfang der 30er Jahre 00:27:27.320 --> 00:27:33.300 sehr wohl immer wieder auf das abschreckend hinweisen, was in Deutschland gerade groß wird, 00:27:33.350 --> 00:27:41.000 was anscheinend auch in der eigenen Region großzuwerden scheint, und nicht- also der Nationalsozialismus 00:27:41.220 --> 00:27:45.520 und nicht nur die sozialdemokratische Partei als Hauptfeind gesehen wird. 00:27:50.900 --> 00:27:58.350 Die große Schwierigkeit, mit denen die ersten auch als solche titulierten Politikerinnen konfrontiert waren, 00:27:58.350 --> 00:28:05.420 war entsprechend dem was im ganzen 18./19. Jh. über eine politische Frau gesprochen worden ist, 00:28:05.650 --> 00:28:09.620 nämlich sie würden sich nicht interessieren oder sie würden es nicht können. 00:28:09.750 --> 00:28:15.870 Was natürlich damit korrespondiert hat, dass es für Frauen erst sehr spät die Möglichkeit gegeben hat, Matura zu machen, 00:28:15.870 --> 00:28:20.270 erst sehr spät die Möglichkeit gegeben hat, auf die Uni zu gehen. 00:28:20.670 --> 00:28:29.170 Vor allem irgendwie das Studium des Politik Machens, nämlich JUS, das wird überhaupt erst 1919 für Frauen möglich, 00:28:29.170 --> 00:28:36.470 also in einer Zeit als sie schon das Frauenwahlrecht gehabt haben. Also Frauen interessieren sich nicht, Frauen können das nicht 00:28:36.720 --> 00:28:40.320 waren die Hauptursachen- die Hauptargumente. Auf der einen Seite, 00:28:40.350 --> 00:28:47.620 auf der anderen Seite eben die Frauen, die in der Öffentlichkeit gesagt haben 'Ok, ich will am Geschick des Staates mitarbeiten.' 00:28:48.070 --> 00:28:50.450 sind als Mannweiber beizeichnet worden. 00:28:50.750 --> 00:28:56.320 also als Mannweiber, die eigentlich auf Grund ihres Drängens in die Öffentlichkeit 00:28:56.320 --> 00:29:01.650 das heißt in die Sphäre des Mannes, des Männlichen, ihre Lieblichkeit verloren hätten. 00:29:02.120 --> 00:29:07.020 Also das war so eine- ja, Schwierigkeit, mit der die ersten Politikerinnen 00:29:07.200 --> 00:29:11.400 konfrontiert waren, vor allem in Witzen und Karikaturen, sie sind voll davon, 00:29:11.450 --> 00:29:14.400 also da kann man viele und lange Geschichten erzählen. 00:29:19.720 --> 00:29:25.650 Die in Schwung gekommene Frauenbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts 00:29:25.920 --> 00:29:28.120 hat die Befreiung vom Korsett gebracht. 00:29:28.200 --> 00:29:34.520 Also das Reformkleid war ein Zeichen für die Moderne Frau, 00:29:34.550 --> 00:29:43.000 auch für eine gewisse Fraktion der Frauenbewegung, sozialdemokratisch wie bürgerlich-liberal, die sich als explizit politisch verstanden hat. 00:29:43.000 --> 00:29:50.100 Also das Reformkleid zu tragen und nicht mehr das beengende Korsett war quasi eine Performanz, 00:29:50.100 --> 00:29:53.470 ein zeigen mit dem Körper davon: Wir befreien uns. 00:29:54.000 --> 00:30:02.400 Im Laufe der 1920er Jahre, auch schon im Ersten Weltkrieg, aber dann besonders in den 1920er Jahren 00:30:02.700 --> 00:30:11.170 kommen neue Frisuren, nämlich der so genannte Bubikopf, das heißt das zeitgenössisch als kurz geschnittene Haar, 00:30:11.300 --> 00:30:18.220 bezeichnete Aussehen auf der einen Seite dazu, und auf anderen Seite auch so genannte kurze Kleider. 00:30:18.700 --> 00:30:23.600 Also kurze Kleider für uns heute heißt was anderes. 00:30:23.650 --> 00:30:28.550 Damals waren die kurzen Kleider also nach dem Knie endend. 00:30:28.800 --> 00:30:33.650 Also nicht so wirklich kurz, aber das hat damals Aufsehen erregt, 00:30:33.720 --> 00:30:40.920 und das war auch signifikant für das was man als die moderne neue Frau gesehen hat. 00:30:40.920 --> 00:30:47.400 Auf der einen Seite für die Akteurinnen selber, die sich so angezogen haben, die sich so hergerichtet haben, 00:30:47.670 --> 00:30:52.070 auf der anderen Seite aber auch für diejenigen, die das eigentlich nicht haben wollten, 00:30:52.070 --> 00:31:00.670 also denen die größere Bewegungsfreiheit, die größere Selbstbestimmung über das eigene Aussehen von Frauen nicht so recht waren. 00:31:05.870 --> 00:31:13.520 Ein Kleinod aus dem inneren des Funktionieren des Parlaments in der Ersten Republik ist wohl 00:31:13.520 --> 00:31:21.270 eine Rede der sozialdemokratischen Abgeordneten Emmy Freundlich von 1928 im Nationalrat. 00:31:21.250 --> 00:31:32.900 Emmy Freundlich übrigens die Wirtschaftsexpertin unter den politisch aktiven Frauen, aber auch unter den politisch aktiven Männern der 1920er Jahre. 00:31:32.900 --> 00:31:35.800 SIe vertrat Österreich beim Völkerbund zum Beispiel. 00:31:36.250 --> 00:31:44.620 Also diese Emmy Freundlich hat in einer Rede des Nationalrats öffentlich gemacht, dass im Finanz- und im Budgetausschuss 00:31:44.750 --> 00:31:55.170 wo's eigentlich um das neue Mittelschulgesetz gegangen ist, und ein Mittelschulgesetz, das wiederum spezifische Unterrichtsfächer für Mädels vorgeschrieben hat, 00:31:55.170 --> 00:32:00.750 Unterrichtsfächer, die der scheinbaren weiblichen Eigenart der Mädels entsprechen würden. 00:32:00.970 --> 00:32:08.670 In diesem Finanz- und Budgetausschuss hat sich eine große Debatte darüber ausgebreitet, 00:32:08.750 --> 00:32:12.920 was nun die weibliche Eigenart eigentlich sein sollte. 00:32:12.920 --> 00:32:22.500 Und ein christlich-sozialer Politiker hat also hier Emmy Freundlich und ihr Aussehen in den Fokus genommen und hat gemeint: 00:32:22.700 --> 00:32:30.250 Bubikopf und kurze Kleider, und das war entsprechend dem, wie Emmy Freundlich damals aufgetreten ist 00:32:30.320 --> 00:32:35.150 würden der weiblichen Eigenart widersprechen und sie eigentlich keine Frau mehr sein. 00:32:35.570 --> 00:32:43.520 In ihrer Rede im Nationalrat versuchte Emmy Freundlich, so zumindest der Eindruck wenn man sich die stenographischen Protokolle ansieht, 00:32:43.520 --> 00:32:51.450 doch noch einmal diese Argumentation, was ist weibliche Eigenart, was- woran ist sie fest zu machen, 00:32:51.500 --> 00:32:59.770 aufzumachen, aber der Abgeordnete Dr. Anton Jerzabek, der das also auch im Finanz- und Budgetausschuss zu ihr gesagt hat, 00:32:59.920 --> 00:33:04.420 hat hinausgerufen nein, er lässt sich auf diese Diskussion, diese Debatte jetzt nicht mehr ein. 00:33:06.670 --> 00:33:13.770 Also es war eine große Eigenleistung von Emmy Freundlich, diese Beleidigung von Seiten ihres Kollegen 00:33:13.770 --> 00:33:19.320 der christlich-sozialen Partei Jerzabek auch im Nationalrat öffentlich zu machen. 00:33:19.600 --> 00:33:24.800 Sie hat dadurch die Deutungshoheit behalten. Sie hat es öffentlich gemacht. 00:33:24.800 --> 00:33:30.470 Sie hat es denunziert in der Öffentlichkeit und nicht nur seinen Ausspruch, sondern wohl auch 00:33:30.670 --> 00:33:35.300 ihn selber demaskiert mit einen Vorurteilen, 00:33:35.300 --> 00:33:40.920 gerade ihr gegenüber, einer ausgewiesenen Expertin in Finanz- und Wirtschaftsfragen. 00:33:46.270 --> 00:33:52.100 Das Aussehen von Politikerinnen hat sich zusehends dem Aussehen von Politikern angepasst. 00:33:52.450 --> 00:33:55.900 Manche sprechen von Androgynistät, 00:33:56.450 --> 00:34:00.650 in Form von Kostümen, Anzügen. 00:34:00.650 --> 00:34:08.800 Ich spreche nicht von Androgynität, sondern ich glaube es ist wirklich eine Anpassung an die männliche Norm in der seriösen Öffentlichkeit. 00:34:09.020 --> 00:34:14.900 Etwas an den Anzug angepasstes anzuhaben. 00:34:14.900 --> 00:34:21.670 Und das ist die weibliche Form davon, das Kostüm, oder in den letzten Jahrzehnten auch der Hosenanzug. 00:34:26.670 --> 00:34:37.200 Bei Politikerinnen kann man auf der einen Seite feststellen, dass sie durch modische Kleidung, durch modische Accessoires, 00:34:37.950 --> 00:34:47.920 auffällige Ketten, auffällige Ohrringe, versuchen Modernität, Zeitgemäßheit zu übermitteln. 00:34:48.150 --> 00:34:54.600 Das ist eine Facette meiner Meinung nach, die andere Facette ist schwarz-weiß zu werden, seriös zu werden. 00:34:54.600 --> 00:35:01.100 Wir können Politikerinnenkarrieren und ihr Aussehen auch so interpretieren, 00:35:01.120 --> 00:35:04.600 dass sobald sie eine hohe, führende Stellung einnehmen 00:35:04.920 --> 00:35:07.570 plötzlich Dauerwellen verschwinden, 00:35:08.320 --> 00:35:13.750 schlichte, klare Kurzhaarfrisuren Einzug nehmen, 00:35:13.920 --> 00:35:19.750 der Anzug den Glockenrock verdrängt, wie zum Beispiel bei Barbara Prammer, 00:35:20.070 --> 00:35:24.220 die die erste Präsidentin des Nationalrats geworden ist. 00:35:24.450 --> 00:35:32.800 Wir können auch die Modernität, das Aufbrechen des Bildes von dem Politiker sehen, 00:35:33.170 --> 00:35:38.150 bei denjenigen Abgeordneten, die Krawatten ablegen, 00:35:38.150 --> 00:35:48.150 die dieses männliche Zeichen der Seriösität nicht mehr für sich in Anspruch nehmen, die auch Sakkos, quasi den Anzugoberteil 00:35:48.370 --> 00:35:55.250 nicht mehr nehmen, sondern durchaus im Pullover oder in anderen Outfits, etwa Turnschuhe, Jeans, 00:35:55.650 --> 00:36:00.100 offene Hemden, im Nationalrat Politik machen. 00:36:05.220 --> 00:36:13.370 Der Raum des Politischen war lange Zeit ein so genannter von Männern für Männer geschaffenen Raum, das heißt sie waren unter sich. 00:36:14.100 --> 00:36:23.850 Als mit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts auch Frauen 1919 diesen Männerraum betreten, tritt eine Irritation auf. 00:36:24.650 --> 00:36:29.270 Man war nicht mehr unter sich, sondern das so genannte andere Geschlecht 00:36:29.970 --> 00:36:35.050 saß in den selben Reihen. Dieses andere Geschlecht hat auch eine sexuelle Komponente gebracht. 00:36:35.220 --> 00:36:42.450 Da saßen nun plötzlich potentielle Frauen- potentielle Ehefrauen potentielle Geliebte drinnen. 00:36:42.650 --> 00:36:46.770 Das heißt, dieser männlich besetzte Raum wurde ziemlich irritiert. 00:36:48.070 --> 00:36:54.050 Das starke Geschlecht des Mannes saß plötzlich gleichgestellt mit dem schwachen Geschlecht der der Frauen 00:36:54.050 --> 00:36:59.200 im öffentlichen Raum des Politischen, im Nationalrat. 00:36:59.670 --> 00:37:07.300 Und Frauen hatten aber bis dorthin eigentlich die Funktion immer auch durch ihr Aussehen 00:37:07.900 --> 00:37:10.900 als Schmuck zu fungieren, als Schmuck dieser Männer, 00:37:11.220 --> 00:37:17.900 die sich, die selbst ab dem 18./19. Jahrhundert in sehr gedeckten Farben, in schwarz aufgetreten sind, 00:37:17.900 --> 00:37:28.400 neben sich die bunten, schön herausgeputzten Frauen. Nun plötzlich saßen diese bunten, schmückenden Frauen als gleichberechtigte Partnerinnen neben sich. 00:37:28.820 --> 00:37:36.670 Und ich denk mir gerade diese auf der einen Seite diese kulturgeschichtliche Entwicklung der Kleidung, überhaupt, die Funktion von Kleidung 00:37:36.820 --> 00:37:43.870 auf der einen Seite, gepaart mit dem Raum, mit der Ebene des politischen, 00:37:43.870 --> 00:37:48.550 was ist das Politische und wie hängt das politische mit dem Geschlecht zusammen, 00:37:48.550 --> 00:37:59.450 ich denk mir diese beiden Linien zeigen uns oder führen auch dorthin, warum das Aussehen von Politikerinnen immer noch so wichtig ist auf der einen Seite. 00:38:00.020 --> 00:38:06.450 Wir können aber natürlich auch feststellen, dass das Aussehen von Politikern wichtiger geworden ist in den letzten Jahrzehnten. 00:38:11.450 --> 00:38:17.370 In den 1990er Jahren haben vor allem die beiden großen Parteien, SPÖ und ÖVP 00:38:17.770 --> 00:38:21.970 durch die so genannte 'Grabschaffäre' und die so genannte 'Lutschaffäre' 00:38:22.200 --> 00:38:31.070 ein ziemliches Scheinwerferlicht auf sich bekommen und damit ist das Thema Sexismus 00:38:31.320 --> 00:38:37.470 in dem institutionalisierten Raum des Politischen wieder zum Thema geworden. 00:38:38.020 --> 00:38:49.420 Der damalige Sozialminister Herr Joseph Hesoun von der sozialdemokratischen Partei Österreichs wurde von einer Abgeordneten beschuldigt, ihr in den Ausschnitt gegriffen zu haben. 00:38:49.950 --> 00:39:00.670 Und der ÖVP-Abgeordnete Paul Burgstaller hat in einer Ausschusssitzung zur grünen Abgeordneten Terezija Stoisits 00:39:00.800 --> 00:39:06.050 gesagt sie solle das Mikrophon fest in die Hand nehmen und daran lutschen. 00:39:06.620 --> 00:39:13.700 Also diese beiden Vorfälle wurden- kamen an die Öffentlichkeit. 00:39:13.900 --> 00:39:21.920 Haben auch einen Paradigmenwechsel insofern dargestellt, dass besonders die grüne Abgeordnete Stoisits 00:39:21.920 --> 00:39:27.900 man könnte sagen ganz ähnlich wie auch in einer ganz anderen Dimension Emmy Freundlich in den 1920er Jahren 00:39:27.900 --> 00:39:35.000 an die Öffentlichkeit sehr offensiv gegangen ist, also sich die Selbstermächtigung geholt hat, darüber öffentlich zu reden. 00:39:35.570 --> 00:39:49.170 Infolgedessen sind natürlich dann auch noch andere sexistische Verhaltensweisen von Mandataren der FPÖ wie bis hin zum Ex-Grünen Peter Pilz, 00:39:49.870 --> 00:39:57.850 wo aber das Verfahren eingestellt worden ist in der jüngsten Zeit immer wieder Tröpferlweise an die Öffentlichkeit gekommen. 00:39:57.850 --> 00:40:03.300 Aber diese- die Grabsch- und die Lutschaffäre waren wirklich der Startschuss in Österreich dazu, muss man sagen. 00:40:08.350 --> 00:40:16.820 Die Konsequenz der Grabschaffäre war dass eigentlich der Minister sehr gut ausgestiegen ist, die Abgeordnete weniger. 00:40:17.250 --> 00:40:25.320 Warum sie nicht mehr in den Nationalrat gekommen ist hat es mehrere Gründe gegeben, es war also nicht nur de so genannte 'Grabschaffäre'. 00:40:26.120 --> 00:40:31.770 Aber es hatte schon eine Täter-Opfer-Umkehr gegeben, das muss man ganz klar sagen. 00:40:32.150 --> 00:40:40.800 Auch wenn sich die damalige Frauenministerin Johanna Dohnal sehr bemüht hat, dass es keine Täter-Opfer-Umkehr kommt. 00:40:41.300 --> 00:40:48.000 Bei der so genannten 'Lutschaffäre' muss man sagen, dass die damalige ÖVP Abgeordnete Helga Rabl-Stadler 00:40:48.000 --> 00:40:52.600 sofort an die Öffentlichkeit gegangen ist und Burgstaller zum Rücktritt aufgefordert hat. 00:40:53.120 --> 00:40:55.900 Was damals auch sofort so funktioniert hat. 00:40:56.100 --> 00:41:06.020 Also das heißt in der ÖVP-Affäre kann man fast sagen, da haben sich die Frauen in der ÖVP wirklich durchgesetzt und gesagt, das geht nicht, 00:41:06.020 --> 00:41:10.070 auch gegenüber einer Kollegin einer anderen Fraktion. 00:41:15.100 --> 00:41:20.320 Grundsätzlich ist zu sagen, und das gilt denke ich bis in die Gegenwart, 00:41:20.670 --> 00:41:30.920 dass sexistisch von einem Kollegen oder einem Höhergestellten, von einem Vorgesetzten, auch im Bereich des Politischen, von einem Mächtigeren Mannes 00:41:31.420 --> 00:41:38.670 angegriffen zu werden, verbal oder körperlich mit einer ganz ganz großen Scham behaftet ist. 00:41:39.770 --> 00:41:48.470 Mit eine Scham, die beinhaltet 'warum passiert das gerade mir?', mit einer Scham die beinhaltet 'warum kann ich mich nicht wehren?', 00:41:48.470 --> 00:41:51.000 'warum traut sich der Kollege das?' 00:41:51.800 --> 00:41:59.400 Und die Scham führt dazu es nicht öffentlich zu machen, das heißt es wird ganz stark individualisiert. 00:42:00.120 --> 00:42:07.850 Und ich denk mir das ist der Hauptgrund dafür, warum die meisten dieser Vorfälle auch nicht öffentlich werden. 00:42:08.100 --> 00:42:16.570 Denn es gibt natürlich andere Vorfälle, es gibt nicht nur die 'Grabschaffäre', oder es gibt möglicherweise auch nicht nur die 'Lutschaffäre'. 00:42:16.770 --> 00:42:21.970 Für Ausschusssitzungen gibt's ja kaum oder keine öffentlich zugänglichen Protokolle, 00:42:22.250 --> 00:42:28.020 Wenn man sich aber die stenographischen Protokolle des österreichischen Nationalrats anguckt, 00:42:28.020 --> 00:42:38.850 oder man spricht mit Politikern wie mit Politikerinnen, hört man immer wieder: je später der Abend, desto zotiger die Zwischenrufe. 00:42:43.950 --> 00:42:49.750 Der politische Raum der institutionalisierten Politik war lange Zeit ein rein männlicher Raum, 00:42:49.950 --> 00:42:53.650 ein Raum der von Männern für Männer geschaffen worden ist, 00:42:54.400 --> 00:42:58.400 irrtümlicherweise wird das oft als geschlechtsneutral im Nachhinein bezeichnet. 00:42:58.800 --> 00:43:02.700 Aber wir sehen, sobald die ersten Frauen in diesen Raum eintreten, 00:43:02.750 --> 00:43:06.820 und das ist etwas was nicht nur den Raum des politischen betrifft, 00:43:06.820 --> 00:43:15.900 sondern man kann bei jedem Aufsichtsratskollegen fragen, was sich verändert wenn die ersten Aufsichtsrätinnen da hineinkommen. 00:43:16.300 --> 00:43:22.720 Das heißt, das Auftreten, das Anwesendsein des so genannten 'anderen Geschlechts' irritiert. 00:43:23.350 --> 00:43:30.100 Und vor- diese Irritation bekommt eine besondere Note, wenn die die plötzlich anwesend sind 00:43:30.520 --> 00:43:37.000 Vorher nicht das Recht dazu gehabt haben, das heißt Menschen zweiter Klasse gewesen sind. 00:43:37.450 --> 00:43:47.300 Das heißt diese Irritation beinhaltet auch, dass die vorher diesen Raum beherrschenden Männer nun plötzlich etwas abgeben müssen, 00:43:47.300 --> 00:43:57.120 das heißt etwas von ihrem Selbstverständnis, von ihrer Definition als das Machtvollere Geschlecht verlieren. 00:43:57.300 --> 00:44:04.020 Und in dieser Phase des Unsicheren eigentlich, werden neue Haltegriffe gesucht. 00:44:04.070 --> 00:44:12.420 Und diese neuen Haltegriffe werden ganz gezielt zu einem großen Schwachpunkt hin orientiert. 00:44:12.420 --> 00:44:19.350 Und dieser große Schwachpunkt ist die Körperlichkeit, die Integrität als Person in allen möglichen Facetten. 00:44:19.970 --> 00:44:26.870 Und ich denk mir das ist der Hauptgrund dafür, warum Sexismus immer noch auch in diesen öffentlichen Räumen stattfindet.