WEBVTT 00:00:02.554 --> 00:00:07.070 Ich bin 1945 geboren, in den letzten Kriegstagen, daher in der Steiermark, obwohl 00:00:07.270 --> 00:00:12.819 durch Zufall in einem Ort, den ich nach meiner Geburt nur noch zwei Mal besucht habe. 00:00:13.019 --> 00:00:15.269 Und aufgewachsen bin ich in Wien. 00:00:15.469 --> 00:00:17.698 Ich muss da allerdings dazu sagen, dass die - beide Familien, 00:00:17.898 --> 00:00:20.681 also sowohl die meines Vaters als auch die meiner Mutter 00:00:20.881 --> 00:00:24.153 eigentlich ursprünglich aus der Steiermark kommen, 00:00:24.353 --> 00:00:29.978 das heißt, wie hatten in Wien nicht sehr viel Verwandtschaft, oder eigentlich gar keine. 00:00:30.178 --> 00:00:36.367 Mein Vater war kleiner Angestellter bei der ÖBB 00:00:36.567 --> 00:00:40.593 und meine Mutter, wie man so schön sagt, Hausfrau. 00:00:40.793 --> 00:00:46.421 Nachdem es bei uns immer ziemlich knapp mit Geld war, hat sie versucht was dazu zu verdienen 00:00:46.621 --> 00:00:52.272 und mangels formaler Berufsausbildung hat sie halt irgendwelche relativ mühsamen Jobs gemacht, 00:00:52.472 --> 00:00:55.639 wie Babies gesittet und alte Leute betreut 00:00:55.839 --> 00:01:02.164 und bei irgendwelchen Abendessen von Bekannten serviert und solche Geschichten. 00:01:02.364 --> 00:01:04.927 Das ist ein Schicksal, das sie mir ersparen wollte 00:01:05.127 --> 00:01:09.676 und daher war für sie völlig klar, dass ich ins Gymnasium gehen werde. 00:01:09.876 --> 00:01:13.635 Sie selber wäre wahnsinnig gerne Lehrerin geworden, 00:01:13.835 --> 00:01:16.305 ist aber von zuhause aus nicht ermöglicht worden, 00:01:16.505 --> 00:01:18.430 was insofern nicht ganz verständlich ist, 00:01:18.630 --> 00:01:22.017 weil mein Großvater nicht wirklich bildungsabgeneigt war. 00:01:22.217 --> 00:01:25.131 Also er hat - Die Familie meiner Mutter hat die ersten - 00:01:25.331 --> 00:01:30.251 also meine Mutter hat die ersten sieben Lebensjahre im damaligen - also im Burgenland zugebracht, 00:01:30.451 --> 00:01:32.549 das aber damals zu Ungarn gehört hat. 00:01:32.749 --> 00:01:36.590 Das finde ich nämlich alles so - das bedenkt man so oft nicht, 00:01:36.790 --> 00:01:39.713 wie die Verhältnisse waren. 00:01:39.913 --> 00:01:43.869 Und in Ungarn gab es keine allgemeine Schulpflicht, 00:01:44.069 --> 00:01:48.908 also keine kostenlosen öffentlichen Schulen, da musste auch für die Grundschule bezahlt werden. 00:01:49.108 --> 00:01:51.381 Und deswegen gab es dann im Burgenland 00:01:51.581 --> 00:01:57.708 noch in den späten 60er, 70er Jahren ziemlich viele ältere Menschen, die Analphabeten waren, 00:01:57.908 --> 00:01:59.995 weil sie aus Geldmangel nicht in die Schule geschickt wurden. 00:02:00.195 --> 00:02:02.306 Das wäre für meinen Großvater nicht in Frage gekommen. 00:02:02.506 --> 00:02:05.313 Also die Kinder sind alle in die Schule gegangen, 00:02:05.513 --> 00:02:06.787 obwohl es Geld gekostet hat. 00:02:06.987 --> 00:02:10.851 Meine Mutter hat die ersten zwei Volksschuljahre, 00:02:11.051 --> 00:02:15.739 obwohl sie aus einer deutschsprachigen Familie gekommen ist, in einer ungarischen Schule zugebracht, 00:02:15.939 --> 00:02:17.852 also hat den Unterricht auf Ungarisch gehabt 00:02:18.052 --> 00:02:23.471 und hat dann ohne Schwierigkeiten - also die sind dann in die Steiermark übersiedelt 00:02:23.671 --> 00:02:28.765 da ist sie dann in Österreich in eine deutschsprachige Schule gekommen in die dritte Klasse. 00:02:28.965 --> 00:02:32.794 Also ich wollte damit nur sagen, sie war wirkliche eine intelligente Person, 00:02:32.994 --> 00:02:35.011 sie hat sich auch autodidaktisch weitergebildet, 00:02:35.211 --> 00:02:40.596 aber meine Onkel durften einen Beruf erlernen, die Töchter nicht. 00:02:40.796 --> 00:02:44.230 Und meine Mutter ist dann mit 18 nach Wien gegangen 00:02:44.430 --> 00:02:50.186 und hat sich - das waren die 30er Jahre außerdem, also eh auch Arbeitsplätzemangel, 00:02:50.386 --> 00:02:55.062 also viele Arbeitslose und sie hat sich dann als Kindermädchen 00:02:55.262 --> 00:03:00.393 in großbürgerlichen Haushalten verdingt und daneben eine Hauswirtschaftsschule gemacht. 00:03:00.593 --> 00:03:03.356 also was sich gerade mühsam irgendwie ausgegangen ist. 00:03:03.556 --> 00:03:08.037 Und gut, und dann - Als sie dann verheiratet war, 00:03:08.237 --> 00:03:11.299 hat sie, wie gesagt, die Hauswirtschaftsschule… war jetzt auch nicht eine Ausbildung, 00:03:11.499 --> 00:03:13.761 mit der man irgendwie tolle Berufschancen hatte 00:03:13.961 --> 00:03:18.068 - und meine Eltern haben einander nur kurz gekannt, 00:03:18.268 --> 00:03:21.017 bevor sie geheiratet haben und sie nachher drauf gekommen, 00:03:21.217 --> 00:03:24.779 dass sie in ihren Erwartungen und Vorstellungen nicht zusammen passen. 00:03:24.979 --> 00:03:28.482 Und sie sind halt zusammen geblieben, weil das damals so war. 00:03:28.682 --> 00:03:32.197 Weil meine Mutter – was hätte sie gemacht ohne Beruf und mit einem kleinen Kind? 00:03:32.397 --> 00:03:39.165 Mein Vater war eigentlich an bürgerlichen Dingen nicht sonderlich interessiert, 00:03:39.365 --> 00:03:40.874 der wollte in erster Linie reisen. 00:03:41.074 --> 00:03:45.576 Der hat auch 15 Jahre in Argentinien gelebt, bevor er geheiratet hat, 00:03:45.776 --> 00:03:49.140 also beziehungsweise bevor er dann - da war er gerade noch Österreicher, 00:03:49.340 --> 00:03:52.925 er wollte eigentlich - oder eigentlich Deutscher, weil da war ja das Deutsche Reich ausgebrochen. 00:03:53.125 --> 00:03:55.061 Und er hat sich dann also 39, 00:03:55.261 --> 00:03:57.743 als er dann noch einmal die alte Heimat sehen wollte 00:03:57.943 --> 00:04:01.632 hat er sich unversehens an der Front wiedergefunden und kam dann nicht mehr zurück. 00:04:01.832 --> 00:04:12.025 Danach, zu einem Zeitpunkt, wo die Leute hier allenfalls an die obere Adria in Urlaub gefahren sind, 00:04:12.225 --> 00:04:16.634 ist mein Vater bereits durch die Türkei und durch Südspanien und Sizilien gereist. 00:04:16.834 --> 00:04:20.071 natürlich ohne die Familie, weil das wäre ja sehr hinderlich gewesen. 00:04:20.271 --> 00:04:23.670 Aber beruflichen Ehrgeiz hatte er keinen 00:04:23.870 --> 00:04:28.430 und daher hat sich unsere finanzielle Situation nie verbessert. 00:04:28.630 --> 00:04:30.520 Und auch das ist etwas, was ganz wesentlich war. 00:04:30.720 --> 00:04:35.315 Weil ich einfach später dann begriffen habe, was Abhängigkeit heißt 00:04:35.515 --> 00:04:39.738 und weil meine Mutter genau das nicht wollte, diese Abhängigkeit, für mich. 00:04:39.938 --> 00:04:44.162 Und deswegen hat sie sehr darauf gedrängt, dass ich etwas lernen soll. 00:04:49.075 --> 00:04:53.403 Und politisch war es so: Bei uns wurde- Bei uns eben nicht. 00:04:53.603 --> 00:04:55.818 Also meine Eltern haben relativ wenig über Politik geredet. 00:04:56.018 --> 00:05:01.706 Mein Vater hat, glaube ich, eine Schwäche für totalitäre Systeme gehabt, 00:05:01.906 --> 00:05:06.650 zumindest hat er dann nach dem Krieg 00:05:06.850 --> 00:05:09.868 ein - oder zwei Mal, glaub ich, kommunistisch gewählt, 00:05:10.068 --> 00:05:14.257 was meine Mutter sehr entsetzt hat, weil sie eine strikte Gegnerin totalitärer Systeme war, 00:05:14.457 --> 00:05:19.539 aber sie war, glaube ich, in ihrem – ich würde sagen, in ihrem Herzen eine Sozialdemokratin. 00:05:19.739 --> 00:05:23.522 Also sie hat sich immer vehement für gerechtere Bedingungen eingesetzt 00:05:23.722 --> 00:05:26.958 und das hat sich dann eben auch auf Frauen und Männer erstreckt. 00:05:27.158 --> 00:05:31.416 Da war sie für ihre Generation, könnte man sagen, 00:05:31.616 --> 00:05:34.470 sowas wie eine frühe Feministin in ihren Einstellungen. 00:05:34.670 --> 00:05:38.266 Und ich habe das schon alles gehört und sie hat 00:05:38.466 --> 00:05:40.728 - es gab also andere Leute, mit denen sie debattiert hat. 00:05:40.928 --> 00:05:43.317 Aber ich möchte vielleicht noch etwas anderes sagen: 00:05:43.517 --> 00:05:48.007 Durch diese Situation, also, so wie wir gelebt haben, 00:05:48.207 --> 00:05:51.304 hat sich so ein bisschen auch ein Dasein zwischen 00:05:51.504 --> 00:05:54.416 den Milieus oder zwischen den Klassen ergeben, ja. 00:05:54.616 --> 00:05:59.178 Wir hatten also - da gab es einerseits ein proletarisches Umfeld, 00:05:59.378 --> 00:06:01.988 mit dem ich aber nicht wirklich zu tun hatte, 00:06:02.188 --> 00:06:04.635 weil meine Mutter hat mich ein bisschen erzogen 00:06:04.835 --> 00:06:08.977 so wie die Kinder der großbürgerlichen Haushalte, die sie ja gut kannte, ja. 00:06:09.177 --> 00:06:15.386 Und ich war halt so ein Kind mit Flügelschürze und Knicksen und „Küss die Hand“ zu alten Damen. 00:06:15.586 --> 00:06:19.484 Was nicht unbedingt jetzt in die unmittelbare Wohnumgebung gepasst hat. 00:06:19.684 --> 00:06:23.687 Und ich glaube aber, dass dieses sich zwischen 00:06:23.887 --> 00:06:29.782 - erstens glaube ich, dass man immer bei der Genderfrage auch die Klassenfrage mitdenken muss, 00:06:29.982 --> 00:06:32.394 aber das - darauf komme ich gern später noch zurück. 00:06:32.594 --> 00:06:36.516 Aber ich glaube, dass für mich dieses Leben zwischen den Schichten 00:06:36.716 --> 00:06:41.102 also eigentlich nirgendwo dazugehören, dass das meine innere Unabhängigkeit 00:06:41.302 --> 00:06:44.620 - dass es zu meiner inneren Unabhängigkeit beigetragen hat und auch dazu, 00:06:44.820 --> 00:06:51.017 dass ich schon, wie ich glaube, ein ziemlich genaues Auge für Ungerechtigkeiten, 00:06:51.217 --> 00:06:55.429 für soziale Unterschiede, für Distinktionsmerkmale 00:06:55.629 --> 00:06:58.215 und das Ausspielen von Distinktionsmerkmalen habe. 00:06:58.415 --> 00:07:00.433 Das war sicher alles ganz lehrreich. 00:07:00.633 --> 00:07:03.347 Zumal eben die Bandbreite der Milieus, 00:07:03.547 --> 00:07:08.293 zu denen ich mich nicht wirklich zuhause gefühlt habe, ja ziemlich groß war. 00:07:08.493 --> 00:07:11.601 Und als Gegenmodell, das ist mir auch erst später bewusst geworden, 00:07:11.801 --> 00:07:16.663 habe ich zum Beispiel erlebt - die beste Freundin meiner Mutter, die waren 00:07:16.863 --> 00:07:21.006 - das waren - die ist aus einer sozialdemokratischen Familie gekommen, 00:07:21.206 --> 00:07:25.220 die haben gewohnt in einem dieser festungsartigen Gemeindebauten 00:07:25.420 --> 00:07:29.551 und die waren beim Arbeiterschwimmverein und im Arbeiterstrandbad 00:07:29.751 --> 00:07:34.392 und das war aber auch eine spezielle - ein spezielles Soziotop, 00:07:34.592 --> 00:07:37.469 das natürlich den Leuten auch sehr viel Geborgenheit vermittelt hat. 00:07:37.669 --> 00:07:41.637 Die hatte ich auf diese Art nicht. Ich habe mich auch nicht wirklich danach gesehnt, 00:07:41.837 --> 00:07:45.212 ich habe das nur erst hinterher für mich irgendwie festgestellt. 00:07:45.412 --> 00:07:47.894 Gut, dann wurde also über Politik geredet, 00:07:48.094 --> 00:07:52.144 dann gab es schon Leute, mit denen politisiert wurde. 00:07:52.344 --> 00:07:59.751 Und ich habe also aus den politischen Gesprächen meiner Mutter auch eigentlich immer nur entnommen, 00:07:59.951 --> 00:08:02.549 dass die Nazi-Zeit ganz furchtbar war. Das war für sie furchtbar. 00:08:02.749 --> 00:08:07.738 Sie hat sich halt auf so bescheidene Art und Weise ein bisschen dagegen gewehrt 00:08:07.938 --> 00:08:10.989 und in die Nesseln gesetzt und halt Guten Tag statt Heil Hitler gesagt, 00:08:11.189 --> 00:08:15.389 was übrigens ihr große Schwierigkeiten eingetragen hat, und ähnliche Sachen. 00:08:15.589 --> 00:08:20.709 Und die Darstellung war immer, das war eine ganz, ganz entsetzliche Zeit. 00:08:20.909 --> 00:08:23.205 Und dann habe ich auch immer sehr viele Geschichten von 00:08:23.405 --> 00:08:26.987 - sehr viele Emigranten-Geschichten gehört. 00:08:27.187 --> 00:08:33.445 Auch das hat - das habe ich so mitgenommen, diese Angst vor Entwurzelung, vor Sprachverlust. 00:08:33.645 --> 00:08:35.337 Weil mir immer klarer geworden ist, 00:08:35.537 --> 00:08:40.980 es kann alles im nächsten Moment ganz anders sein, als man es erwartet oder gewohnt ist. 00:08:42.482 --> 00:08:47.751 Es war jedenfalls so, dass ich mich oft gewundert habe 00:08:47.951 --> 00:08:53.173 wie diese Generation diese schreckliche Zeit überhaupt überstanden hat. 00:08:53.373 --> 00:08:55.773 Und erst sehr viel später habe ich Leute kennengelernt, 00:08:55.973 --> 00:08:57.619 die ganz anders darüber geredet haben. 00:08:57.819 --> 00:08:59.883 Und das waren jetzt nicht unbedingt begeisterte Nazis. 00:09:00.083 --> 00:09:05.711 Aber die haben - also ich denke hier speziell an eine befreundete Person, 00:09:05.911 --> 00:09:09.345 die aber vom Alter her meine Mutter sein könnte und die hat gesagt: 00:09:09.545 --> 00:09:13.502 „Mein Gott, ich bin - wir sind auf den Ring gegangen 00:09:13.702 --> 00:09:15.150 und haben uns vorm Imperial aufgestellt 00:09:15.350 --> 00:09:18.949 und haben geschrieen ‚Lieber Führer sei so nett und zeige dich am Fensterbrett‘ 00:09:19.149 --> 00:09:21.109 und ich habe mir da nichts dabei gedacht. 00:09:21.309 --> 00:09:24.696 Später dann schon, ja, aber das war ein langsamer Prozess.“ 00:09:24.896 --> 00:09:29.549 Während meine Mutter immer gesagt hat, sie hat von Anfang an gewusst, 00:09:29.749 --> 00:09:34.042 dass das schlimm wird und sie hat auch von Anfang an gewusst, dass diese... 00:09:34.242 --> 00:09:40.079 - dass das - der Autobahn-Bau und die Industrialisierung, dass das ein Aufrüsten ist 00:09:40.279 --> 00:09:45.269 und eben der Rüstungsindustrie dient und nicht edleren Zwecken, ja. 00:09:45.469 --> 00:09:50.749 Und sie hat auch immer gesagt, „Wenn die Leute behaupten, sie hätten nichts gewusst, 00:09:50.949 --> 00:09:54.604 dann ist das ein kompletter Unsinn. Wir haben es selbstverständlich gewusst. 00:09:54.804 --> 00:10:00.327 Man konnte halt nur relativ wenig dagegen tun, wenn man sich nicht in Lebensgefahr begeben wollte.“ 00:10:00.527 --> 00:10:05.598 Das heißt, ich würde so gesehen sagen, dass ich schon in einem - relativ früh 00:10:05.798 --> 00:10:11.148 in einem politisierten Umfeld groß geworden bin. 00:10:15.771 --> 00:10:20.006 Und dann habe ich mal - habe ich darüber nachgedacht: Wie war - wie hat es denn eigentlich, 00:10:20.206 --> 00:10:24.360 wie ich ein Kind war, ausgesehen mit meinen Role Models? Meine Mutter war keines, 00:10:24.560 --> 00:10:28.621 weil es war völlig klar, so wollte ich nicht leben. Das war auch für sie klar, dass ich nicht so leben sollte. 00:10:28.821 --> 00:10:32.092 Meine Tante war auch keines, die hat einen Bauern geheiratet 00:10:32.292 --> 00:10:36.249 und hat gearbeitet bis zum Umfallen, hat nicht sehr lustig ausgeschaut. 00:10:36.449 --> 00:10:39.755 Zumal ich das Landleben auch nicht sehr erstrebenswert gefunden habe. 00:10:39.955 --> 00:10:45.583 Es gab aber eine ehemalige Arbeitgeberin meiner Mutter und die hat eigentlich so gelebt, 00:10:45.783 --> 00:10:49.635 wie ich mir gedacht habe, dass es - dass ich später auch leben würde. 00:10:49.835 --> 00:10:52.886 Man muss dazu sagen, hinterher hat sich heraus gestellt, 00:10:53.086 --> 00:10:58.946 dass dieses Leben, das sie geführt hat auch ziemlich viele Schulden mit sich gebracht hat, 00:10:59.146 --> 00:11:00.502 aber das wusste ich als Kind nicht. 00:11:00.702 --> 00:11:03.590 Das war eine Person, die sich um den Haushalt nicht gekümmert hat. 00:11:03.790 --> 00:11:07.168 Also ich habe Tante zu ihr gesagt. Wir waren dort gelegentlich zu Besuch, 00:11:07.368 --> 00:11:10.953 wenngleich sie jetzt auch - also ich habe kein inniges Verhältnis zu ihr gehabt, 00:11:11.153 --> 00:11:13.542 aber wir hatten regelmäßigen Kontakt und gut. 00:11:13.742 --> 00:11:17.838 Und die hat - ja, die hat also eigentlich den ganzen Tag nichts getan, 00:11:18.038 --> 00:11:23.988 als sich den schönen Künsten gewidmet, gelesen und schreckliche Gedichte geschrieben. 00:11:24.188 --> 00:11:28.287 Und dann ist sie in Ausstellungen gegangen und hat Freunde getroffen und in die Oper und so. 00:11:28.487 --> 00:11:31.514 Und da habe ich mir gedacht, ja, das ist doch ein annehmbares Modell. 00:11:31.714 --> 00:11:36.425 Also man hat einen Haushalt, den man aber selbst nicht betreuen muss, 00:11:36.625 --> 00:11:41.801 man hat Kinder und daneben habe ich mir vorgestellt, ich werde unsterbliche Bücher verfassen, 00:11:42.001 --> 00:11:45.725 weil ich habe schon sehr früh unbedingt schreiben wollen. 00:11:45.925 --> 00:11:48.952 Na gut, ich bin also älter geworden und habe festgestellt, dass das wahrscheinlich 00:11:49.152 --> 00:11:51.240 so nicht so leicht umsetzbar ist. 00:11:51.440 --> 00:11:56.144 Und ich habe dann Germanistik, Anglistik studiert, 00:11:56.344 --> 00:11:58.443 aber nicht fertig. Was meine Mutter sehr gestört hat. 00:11:58.643 --> 00:12:00.718 Ich kann es aus ihrer Sicht verstehen. 00:12:04.912 --> 00:12:11.144 Ich habe aber schon mit 19, also ziemlich rasch, begonnen bei einer Tageszeitung mitzuarbeiten 00:12:11.344 --> 00:12:14.128 und dort ist es mir auch sehr gut gegangen. 00:12:14.328 --> 00:12:21.175 Die haben mich also wirklich gefördert und gehätschelt, sofern man das so sagen kann. 00:12:21.375 --> 00:12:25.552 Und mir war dann irgendwann einmal - habe ich die Germanistik eigentlich langweilig gefunden 00:12:25.752 --> 00:12:28.048 und - ich mein, ich hatte mir auch ursprünglich vorgestellt, 00:12:28.248 --> 00:12:31.020 ich würde mich mehr mit Belletristik beschäftigen können 00:12:31.220 --> 00:12:33.064 und es hat aber damals keine Studienrichtung gegeben, 00:12:33.264 --> 00:12:36.271 die meinen Interessen wirklich entgegengekommen wäre. 00:12:36.471 --> 00:12:42.470 Also kurzum, ich habe dann also halt weiter - mich heftig auf den Journalismus konzentriert. 00:12:42.670 --> 00:12:46.255 Das Neue Österreich, das für mich wirklich auch eine Art von Familie war, 00:12:46.455 --> 00:12:50.969 hat aber zugesperrt nach zwei Jahren. Ich bin dann kurz zum Fernsehen gegangen, 00:12:51.169 --> 00:12:56.786 aktueller Dienst. Auch dort waren sie - also hätten sie mich gerne behalten 00:12:56.986 --> 00:12:58.550 und haben mir eine Anstellung angeboten, 00:12:58.750 --> 00:13:01.975 nämlich nicht einmal beim aktuellen Dienst, sondern schon bei den Magazinen. 00:13:02.175 --> 00:13:05.737 Das wäre interessant gewesen, ich hatte aber immer Schwierigkeiten 00:13:05.937 --> 00:13:12.865 mit dieser Bilddominanz im Fernsehen und bin daher dann einmal - bin dort weg 00:13:13.065 --> 00:13:17.660 und bin zu einer kleinen Pimperl-Zeitung gegangen, die Neue Zeitung, 00:13:17.860 --> 00:13:20.110 die von der Wiener SPÖ finanziert wurde. 00:13:20.310 --> 00:13:23.547 Das war aber insofern interessant, weil ich - weil wir viel gelernt haben. 00:13:23.747 --> 00:13:25.172 Wir waren also lauter junge Leute, 00:13:25.372 --> 00:13:29.979 die Sachen machen konnten, die wir in etablierten Redaktionen nicht machen hätten dürfen, 00:13:30.179 --> 00:13:32.405 weil wir da nicht herangekommen wären. 00:13:32.605 --> 00:13:37.699 Und dort hat dann also der stellvertretende Chefredakteur mir vorgeschlagen, 00:13:37.899 --> 00:13:39.917 also ich sollte doch eine Frauenkolumne schreiben. 00:13:40.117 --> 00:13:44.514 Und er hat sich wahrscheinlich vorgestellt, was weiß ich, das wird eine Art von Hausfrauen-Geplauder werden, 00:13:44.714 --> 00:13:48.949 obwohl ich hätte gar nicht Hausfrauen-Plaudern können, weil ich habe nicht das Leben einer Hausfrau geführt. 00:13:49.149 --> 00:13:52.490 Ich hab - Ich hatte auch bei meinen ersten Schreibversuchen - 00:13:52.690 --> 00:13:57.030 habe ich sehr oft die Geschichten aus der Sicht von Männern geschrieben, 00:13:57.230 --> 00:14:00.884 weil ich ja ein quasi männliches Leben geführt habe, ja. 00:14:01.084 --> 00:14:03.346 Und jedenfalls habe ich aber 00:14:03.546 --> 00:14:07.491 - damals war ich dann natürlich schon infiziert von der Frauenbewegung. 00:14:07.691 --> 00:14:12.831 Ich habe, wie gesagt, das war - also dass Frauen gleichberechtigt sein sollten, 00:14:13.031 --> 00:14:15.757 war auch ein - war schon von Kind auf ein Thema für mich. 00:14:15.957 --> 00:14:17.510 Und jetzt füge ich noch etwas ein: 00:14:17.710 --> 00:14:22.630 Meine Mutter hatte eine hohe Sensibilität für so Alltagsdiskriminierung, ja. 00:14:22.830 --> 00:14:27.100 Und etwas, was mir in Erinnerung geblieben ist, obwohl es so ein bisschen absurd klingt: 00:14:27.300 --> 00:14:32.568 Sie hat sich wahnsinnig geärgert, wenn irgendwo, also zum Beispiel bei Klotüren gestanden ist 00:14:32.768 --> 00:14:36.504 „Herren und Frauen“, weil sie gesagt hat „Entweder sind es Herren und Damen, 00:14:36.704 --> 00:14:38.269 oder es sind Frauen und Männer“, 00:14:38.469 --> 00:14:43.238 aber dieser Unterschied, dieser hierarchische, hier die Herren, dort die Frauen, 00:14:43.438 --> 00:14:45.664 das hat sie sogar in diesem Zusammenhang gestört. 00:14:45.864 --> 00:14:50.912 Also kurzum, es war mir - es waren mir Überlegungen zur Gleichberechtigung 00:14:51.112 --> 00:14:53.989 und zu einem selbstbestimmten Frauenleben - waren mir ja nicht fremd. 00:14:54.189 --> 00:14:57.205 Daher ist mir alles, was dann an Literatur erschienen ist, 00:14:57.405 --> 00:14:59.620 ist mir entgegengekommen, ich habe es spannend gefunden. 00:14:59.820 --> 00:15:03.880 Ich könnte jetzt nicht sagen, was ich wann, zu welchem Zeitpunkt gelesen habe 00:15:04.080 --> 00:15:08.397 – es ist die Betty Friedan mit dem „Weiblichkeitswahn“ natürlich spannend gewesen, 00:15:08.597 --> 00:15:16.756 und die Germaine Greer, Gloria Steinem habe ich - also hat dort zu diesem Zeitpunkt geschrieben. 00:15:16.956 --> 00:15:24.697 Kurzum, ich habe also ziemlich viel an Literatur eh schon intus gehabt und dann hab 00:15:24.897 --> 00:15:29.478 - Also dann gab es diese Frauenkolumne zu schreiben 00:15:29.678 --> 00:15:34.252 und für mich war völlig klar, dass es darin um Rollenerwartungen 00:15:34.452 --> 00:15:39.628 und Rollenbilder gehen soll und ich glaube, ich habe das ganz witzig gemacht, 00:15:39.828 --> 00:15:43.645 weil ich immer der Meinung bin - also gewesen bin und bis heute bin, 00:15:43.845 --> 00:15:50.413 dass man mit Intelligenz, intelligenter Unterhaltung doch relativ viel transportieren kann. 00:15:50.613 --> 00:15:54.895 Und das ist auch für mich - Also Witz und Sarkasmus ist sozusagen mein, 00:15:55.095 --> 00:16:00.331 meine Möglichkeit mich gegen die Unerträglichkeit von Verhältnissen zu wehren. 00:16:00.531 --> 00:16:07.308 Und naja, also dann hat der stellvertretende Chefredakteur, 00:16:07.508 --> 00:16:10.826 der mir das vorgeschlagen hat, hat dann schon - also hat Bedenken angemeldet, 00:16:11.026 --> 00:16:12.359 wie er gemerkt hat, was daraus wird, 00:16:12.559 --> 00:16:15.586 aber inzwischen ist es bei unseren wenigen Lesern ganz gut angekommen. 00:16:15.786 --> 00:16:18.073 Und dann hat mich der Kurier engagiert. 00:16:18.273 --> 00:16:24.214 Die haben da festgestellt zu der Zeit, dass sie bei der - also durch die Mediaanalyse, 00:16:24.414 --> 00:16:28.824 dass sie bei Frauen, also bei Leserinnen unterrepräsentiert sind und haben sich gedacht, 00:16:29.024 --> 00:16:34.930 das kann man simpel beheben, indem man halt jetzt eine Frauenkolumne ins Blatt rückt. 00:16:35.130 --> 00:16:37.890 Und ich glaube, dass mich die nie wirklich gescheit gelesen haben, 00:16:38.090 --> 00:16:43.419 weil als ich dann in der Redaktion war, haben sie mich ziemlich stark als Kuckucksei empfunden. 00:16:43.619 --> 00:16:48.678 und waren ein bisschen - also waren wenig angetan von dem, was ich geschrieben habe, 00:16:48.878 --> 00:16:52.544 aber es ist - ich meine, die haben mich engagiert, 00:16:52.744 --> 00:16:55.145 weil da hat ein nettes blondes Mädel aus der Zeitung geschaut, 00:16:55.345 --> 00:16:58.186 behaupte ich immer, ja, das war deren Zugang. 00:16:58.386 --> 00:17:03.597 Jedenfalls ist das aber ganz - also es hat polarisiert, ich habe – 00:17:03.797 --> 00:17:06.604 das glaubt man nicht, aber das war in den frühen 70ern 00:17:06.804 --> 00:17:10.876 – und ich habe wirklich bis hin zu Morddrohungen, empörte Reaktionen gekriegt. 00:17:11.076 --> 00:17:14.673 Obwohl das ja im Grunde genommen harmlose Sachen waren. 00:17:14.873 --> 00:17:18.260 Allerdings solche, die zum Teil heute noch Gültigkeit haben. 00:17:18.460 --> 00:17:22.231 Also das Einmahnen von Einkommensgerechtigkeit oder sowas. 00:17:22.431 --> 00:17:25.855 Außerdem habe ich mich dort relativ stark mit Bildungspolitik beschäftigt 00:17:26.055 --> 00:17:28.282 und habe dann immer wieder pro Gesamtschule geschrieben. 00:17:28.482 --> 00:17:32.113 Das ist nicht gut angekommen in der - nämlich im Kurier, 00:17:32.313 --> 00:17:34.749 der ja ein konservatives Blatt eigentlich war. 00:17:34.949 --> 00:17:43.387 Und ich habe mich dann in die Nesseln gesetzt mit der Fristenlösung, das war also gerade in Diskussion. 00:17:43.587 --> 00:17:47.798 Und das war die erste Fernsehdiskussion meines Lebens, zu der ich eingeladen wurde 00:17:47.998 --> 00:17:52.884 – war übrigens auch die erste Fernsehdiskussion von der Barbara Coudenhove, die da auch dabei war 00:17:53.084 --> 00:17:57.632 – und wir waren furchtbar aufgeregt und ich war aber ganz gut gebrieft. 00:17:57.832 --> 00:18:02.833 Lustigerweise auch von einem männlichen Kollegen, dem Sebastian Leitner, 00:18:03.033 --> 00:18:05.271 der im Kurier auch Kommentare geschrieben hat, 00:18:05.471 --> 00:18:13.365 so Generation meines Vaters, der aber sehr - also sehr liberaler, aufgeschlossener etc. 00:18:13.565 --> 00:18:17.893 Und der hat zum Beispiel mit mir vorher durchgespielt Argumente, die kommen könnten 00:18:18.093 --> 00:18:19.623 und wie man sie am besten pariert und so. 00:18:19.823 --> 00:18:26.473 Und ich glaube, ich habe mich letztlich bei dieser Diskussion nicht ganz schlecht geschlagen. 00:18:26.673 --> 00:18:31.049 Aber im Kurier hat das große Schwierigkeiten - hat mir das große Schwierigkeiten bereitet 00:18:31.249 --> 00:18:35.937 und ich habe dann Auftrittsverbot bei Fernsehdiskussionen gekriegt. 00:18:36.137 --> 00:18:42.021 Und der Kurier hat dann beschlossen, also die Blattlinie ist, „Wir sind gegen die Fristenlösung“. 00:18:42.221 --> 00:18:46.270 Das hat aber gottseidank nichts mehr genützt, weil dann war sie eh schon eingeführt, ja. 00:18:46.470 --> 00:18:51.831 Ich hab aber - ich habe mich aber dort also sieben Jahre als Kuckucksei betätigt 00:18:52.031 --> 00:18:55.129 und es ist mir nicht besonders gut dabei gegangen. 00:18:55.329 --> 00:18:58.066 Es hat ganz wenige - in der Redaktion ganz wenige Verbündete gegeben. 00:18:58.266 --> 00:19:01.386 Ach so, dann habe ich mich auch noch stark gemacht für ein Redaktionsstatut, 00:19:01.586 --> 00:19:03.616 das gab es ja zu dem Zeitpunkt alles nicht 00:19:03.816 --> 00:19:08.875 und dann bin ich in den Redaktionsbeirat gewählt worden. Also nichts, womit man sich beliebt macht. 00:19:09.075 --> 00:19:14.041 Und nach sieben Jahren habe ich dann irgendwie den Hut drauf gehaut 00:19:14.241 --> 00:19:18.790 und habe mich einvernehmlich getrennt. Und seitdem arbeite ich frei. 00:19:18.990 --> 00:19:25.860 Und dazwischen, das war 77, da war dann eine - Ja, da habe ich 00:19:26.060 --> 00:19:32.780 Also ich habe dazwischen meine Tochter bekommen, wir waren dazwischen ein Jahr in Amerika und 84, 00:19:32.980 --> 00:19:39.072 also meine Tochter ist 82 geboren und seit 84 schreibe ich meine Profil-Kolumne, 00:19:39.272 --> 00:19:45.110 die ich – das muss ich jetzt so sagen – dem Peter Michael Lingens verdanke, 00:19:45.310 --> 00:19:48.709 der zwar quasi - also ich hatte die Idee einer Kolumne, 00:19:48.909 --> 00:19:52.726 wusste aber nicht genau, welchem Medium ich sie anbiete, 00:19:52.926 --> 00:19:56.395 das war nach meiner Rückkehr nach Amerika, und habe ihm den ersten Text gezeigt, 00:19:56.595 --> 00:19:59.355 oder die ersten zwei Texte, die ich für mich schon geschrieben hatte 00:19:59.555 --> 00:20:05.416 und er hat gesagt, „Das machma bei uns“. Und dann war das im Profil 00:20:05.616 --> 00:20:09.549 Also er hat sozusagen – das war mein Glück -  er hat sich stur dahinter gestellt 00:20:09.749 --> 00:20:11.720 und immerhin er war Chefredakteur und Herausgeber. 00:20:11.920 --> 00:20:15.565 Und zwar nicht, weil wir so verhabert gewesen wären, 00:20:15.765 --> 00:20:17.666 ich hab mich erst später dann, haben wir uns befreundet 00:20:17.866 --> 00:20:20.720 sondern weil er gefunden hat, das ist eine gute Geschichte. 00:20:20.920 --> 00:20:28.650 Und er hat das also auch durchgezogen gegen den Widerstand, ich muss es leider sagen, 00:20:28.850 --> 00:20:33.935 von einer sehr prominenten Kollegin, ja, die da Sturm gelaufen ist. 00:20:34.135 --> 00:20:38.346 Obwohl es an ihrer Position nichts gekratzt hat und ich habe eigentlich immer gedacht, 00:20:38.546 --> 00:20:45.382 sie wäre eine Feministin, aber sie wollte nicht, dass ich darüber schreibe. Na gut. 00:20:45.582 --> 00:20:52.244 Also, wie gesagt, seitdem - toi toi toi - ist es mir ja auch erhalten geblieben. 00:20:56.490 --> 00:20:59.787 Frauenbewegung. Ich habe also natürlich zunehmend Kontakt 00:20:59.987 --> 00:21:03.096 mit allen möglichen Leuten gekriegt, ich war aber nie in Arbeitsgruppen, 00:21:03.296 --> 00:21:05.870 weil ich habe ja immer - ich war ja auch beruflich immer sehr eingespannt. 00:21:06.070 --> 00:21:11.072 Ich habe im Zuge dieser Dinge relativ bald die Johanna Dohnal kennengelernt, 00:21:11.272 --> 00:21:14.798 mit der war ich auch bis zu ihrem Ableben befreundet. 00:21:14.998 --> 00:21:18.757 Also ich war - bin bis heute befreundet 00:21:18.957 --> 00:21:23.471 mit der Maria Jonas, die Generalsekretärin der Fraueninternationale war, 00:21:23.671 --> 00:21:27.442 allerdings habe ich die - die war mit mir in der Neuen Zeitung, also die kenne ich schon 100 Jahre. 00:21:27.642 --> 00:21:33.827 Aber das waren schon - und ich bin natürlich - hab immer diese Schneeballgeschichte, 00:21:34.027 --> 00:21:36.300 die Kontakte haben sich schon ausgebreitet, 00:21:36.500 --> 00:21:42.546 aber ich war für das, was ich tue, glaube ich, immer einzelkämpferisch unterwegs. 00:21:42.746 --> 00:21:49.605 Das liegt mir auch mehr. Schreiben ist, glaube ich, eine - im Wesentlichen ein einzelkämpferisches Geschäft 00:21:49.805 --> 00:21:57.558 und daher habe ich es so betrieben und hatte auch das Glück, dass mir dann im Profil 00:21:57.758 --> 00:22:02.225 - hat mir nie wieder jemand in irgendeinen Text auch nur im geringsten rein geredet 00:22:02.425 --> 00:22:05.348 und gottseidank hat sich das bis jetzt gehalten, ja. 00:22:05.548 --> 00:22:16.239 Ja, und dann -  also politisch aktiv geworden bin ich dann eigentlich erst 1996, 00:22:16.439 --> 00:22:20.267 also schon so in den 90er Jahren, wir hatten da schon diverse Aktionen. 00:22:20.467 --> 00:22:23.891 Natürlich bin ich gegangen zu Demonstrationen, auch Gegendemonstrationen, 00:22:24.091 --> 00:22:28.408 wenn die Fristenlösung wieder einmal angegriffen wurde und solche Sachen, das ist schon klar. 00:22:28.608 --> 00:22:32.646 Und auch zu Diskussionen, Podiumsdiskussionen und dergleichen. 00:22:32.846 --> 00:22:43.074 Und jedenfalls ist dann 96 - kam es ja zum sogenannten dritten Sparpaket und das fand wir 00:22:43.274 --> 00:22:47.323 - also zum Beispiel war dann in der Gruppe die Barbara Klein, 00:22:47.523 --> 00:22:50.597 die dann später Kosmos-Intendantin wurde, 00:22:50.797 --> 00:22:53.140 die Christa Pölzlbauer, Psychotherapeutin, 00:22:53.340 --> 00:22:57.273 das war unsere - später dann unsere Vorsitzende beim Verein UFF. 00:22:57.473 --> 00:23:03.786 Also wir haben eine - alle dieses dritte Sparpaket, das ja zu Lasten der Frauen ging, 00:23:03.986 --> 00:23:09.080 unglaublich empörend gefunden und dann gab es diese Demo auf dem Ring 00:23:09.280 --> 00:23:12.737 und dann haben wir aufgerufen, es mögen sich Leute zusammen finden, 00:23:12.937 --> 00:23:16.418 die etwas dagegen unternehmen wollen. Dann gab es den Verein UFF. 00:23:16.618 --> 00:23:19.912 Und also die Idee – dieses Federl steck ich mir jetzt auf den Hut – 00:23:20.112 --> 00:23:25.752 die Idee, das Instrument des Frauenvolksbegehrens - des Volksbegehrens zu nützen, hatte ich, 00:23:25.952 --> 00:23:28.144 weil ich gesehen habe, wie das Tierschutzvolksbegehren, 00:23:28.344 --> 00:23:31.081 wie das einschlägt bei Leuten und ich habe mir gedacht, 00:23:31.281 --> 00:23:34.750 das ist eine Methode eine ziemlich breite Öffentlichkeit zu gewinnen und so war es ja auch. 00:23:34.950 --> 00:23:39.290 Und ja, dann war das Frauenvolksbegehren, da haben wir schon ein Jahr lang, 00:23:39.490 --> 00:23:45.582 eigentlich noch länger - waren wir rund um die Uhr beschäftigt. 00:23:45.782 --> 00:23:47.846 Ich mein, ich habe zwar weiter meinen Beruf gemacht, 00:23:48.046 --> 00:23:53.140 ich hatte eine damals halbwüchsige Tochter, das war alles nicht so einfach, aber gut. 00:23:53.340 --> 00:23:56.205 Ich bin also schon auch durch die Bundesländer getingelt und so weiter. 00:23:56.405 --> 00:23:59.746 Und dann war es ja eigentlich auch ein ganz schöner Erfolg, muss man ja sagen. 00:23:59.946 --> 00:24:07.014 Und zu den Forderungen ist zu sagen, dass die - das ist uns ja dann von den - 00:24:07.214 --> 00:24:09.835 die Theoretikerinnen haben ja auch viel auszusetzen gehabt, ja. 00:24:10.035 --> 00:24:15.303 „Das ist ja ein sozialdemokratisches Programm“ und „Kümmert sich nicht um Lesben“ 00:24:15.503 --> 00:24:18.345 und „Kümmert sich nicht um“- alle möglichen Sachen. Das war ja schon richtig, ja. 00:24:18.545 --> 00:24:22.269 Nur wir haben ja nicht gesagt, dass wir die ganze Welt auf einmal erlösen wollen. 00:24:22.469 --> 00:24:27.447 Wir haben in Reaktion auf dieses Sparpaket einmal Basisforderungen gestellt. 00:24:27.647 --> 00:24:30.954 So, das mindestens sollte passieren und dann können wir weiterreden. 00:24:31.154 --> 00:24:35.400 Und so war es gedacht. Und ich glaube, dass es auch deswegen erfolgreich war, 00:24:35.600 --> 00:24:38.279 weil es einfach sehr pragmatisch und einsichtig war 00:24:38.479 --> 00:24:42.320 – auch für Leute, die sich mit Feminismus nicht auseinandergesetzt haben. 00:24:42.520 --> 00:24:48.310 Und das war auch immer mein Argument, dass ich gesagt habe, „Sie brauchen sich nicht vor-“ 00:24:48.510 --> 00:24:53.163 Einmal hatten wir auch fünf Minuten bei der Vera Russwurm in einer 00:24:53.363 --> 00:24:58.063 - die hatte damals eine populäre Fernsehsendung und da - also bin ich hin gegangen 00:24:58.263 --> 00:25:03.136 und hab dann also am Feedback gemerkt, dass das keine schlechte Argumentation war zu sagen, 00:25:03.336 --> 00:25:06.178 „Es geht nicht darum - wir wollen nicht die Männer kastrieren 00:25:06.378 --> 00:25:11.763 und wir wollen auch nicht die ungerechten Verhältnisse umdrehen. 00:25:11.963 --> 00:25:14.143 Wir wollen einfach nur Gerechtigkeit. 00:25:14.343 --> 00:25:18.044 Und schauen Sie sich doch einmal an, wie ungerecht die Verhältnisse sind“ 00:25:18.244 --> 00:25:20.711 und dann hat man die entsprechenden Zahlen nennen können. 00:25:20.911 --> 00:25:24.151 Und das war doch für viele offensichtlich einsichtig. 00:25:24.351 --> 00:25:27.703 Und ich war dann einmal mit der Johanna Dohnal, also kurz danach wir eingeladen in Berlin, 00:25:27.903 --> 00:25:33.636 bei einer größeren Frauengruppe, die wissen wollten, wie wir das gemacht haben 00:25:33.836 --> 00:25:37.885 und wie eben auch - „Aber hat man da nicht zuerst theoretisch dieses und jenes-?“ 00:25:38.085 --> 00:25:42.274 Und ich habe dann gesagt, nein, ich glaube, der Witz daran war, dass wir uns einfach 00:25:42.474 --> 00:25:46.268 sehr pragmatisch in diese Geschichte hineingeworfen haben. 00:25:46.468 --> 00:25:50.679 Ja, gut, und dann habe ich nachher, auch die Christa Pölzlbauer und ich, 00:25:50.879 --> 00:25:53.559 wir haben - wir sind ja dann zu den Liberalen gegangen, 00:25:53.759 --> 00:25:58.748 in der Hoffnung, dass man dort vielleicht eine vernünftige Frauenpolitik machen kann. 00:25:58.948 --> 00:26:01.837 Also auch mit der Heide Schmidt bin ich seitdem befreundet, 00:26:02.037 --> 00:26:04.704 weil die war sehr unterstützend. 00:26:04.904 --> 00:26:09.940 Aber wie man weiß sind 99 die Liberalen aus dem Parlament geflogen und da war’s nix. 00:26:10.140 --> 00:26:15.188 Ich habe für mich allerdings festgestellt, dass ich - mein Schwerpunkt, oder auch mein, 00:26:15.388 --> 00:26:18.625 wenn man so will: wenn ich ein Talent habe, dann ist es das Schreiben 00:26:18.825 --> 00:26:22.839 und da fühle ich mich am wohlsten und da kann ich auch, glaube ich, am meisten bewirken, 00:26:23.039 --> 00:26:25.730 sofern man halt als Einzelperson etwas bewirken kann. 00:26:31.456 --> 00:26:33.451 Ich habe ja eigentlich dann - Also das war ja mein 00:26:33.651 --> 00:26:37.398 - wirklich der Schwerpunkt alles dessen, was ich geschrieben habe. 00:26:37.598 --> 00:26:42.948 Also im profil geht es ja im Wesentlichen - Nein, es geht - stimmt nicht ganz, 00:26:43.148 --> 00:26:49.531 es geht um soziale Ungerechtigkeiten, um soziale Unausgewogenheiten, 00:26:49.731 --> 00:26:52.584 aber da spielen natürlich die Frauen eine zentrale Rolle. 00:26:52.784 --> 00:26:58.679 Wobei ich natürlich schon unterscheide zwischen dem journalistischen Schreiben 00:26:58.879 --> 00:27:02.441 - da muss ich aber dazu sagen, ich hatte natürlich auch mit der Kolumne das Glück, 00:27:02.641 --> 00:27:05.392 dass ich ja auch so Mischformen verwenden konnte. 00:27:05.592 --> 00:27:10.524 Also es ging ja manchmal auch so ein bisschen mehr in Richtung literarische Betrachtungen 00:27:10.724 --> 00:27:15.609 und dann gibt es halt wieder eindeutige Kommentare 00:27:15.809 --> 00:27:23.271 Und die Kommentare sind schon auf jeden Fall - natürlich haben die - sind die gedacht, 00:27:23.471 --> 00:27:25.698 um bestimmte Meinungen zu transportieren. 00:27:25.898 --> 00:27:30.075 Das mache ich, wenn ich Romane schreibe, oder Erzählungen schreibe, 00:27:30.275 --> 00:27:36.867 dann geht es mir nicht darum jetzt zu agitieren oder Propagandamaterial herzustellen, 00:27:37.067 --> 00:27:41.832 sondern da geht es um die Beschäftigung mit Menschen. Und das ist übrigens, 00:27:42.032 --> 00:27:44.133 das ist natürlich schon alles sehr korrespondierend, 00:27:44.333 --> 00:27:47.140 auch was mich in der Kolumne immer interessiert hat: 00:27:47.340 --> 00:27:51.888 Wie wirken sich denn die Rahmenbedingungen dann auf das einzelne Leben aus? 00:27:52.088 --> 00:27:57.426 Aber natürlich kommt dazu, wenn man - also wenn ich Erzählungen schreibe, 00:27:57.626 --> 00:28:01.513 oder einen Roman, dann sind das nicht Frauen, 00:28:01.713 --> 00:28:08.433 wie sie also - die schwingen nicht ständig die Fahne der Frauenbewegung 00:28:08.633 --> 00:28:13.808 und sind auch sonst irgendwie so Role Models für die Leserin, 00:28:14.008 --> 00:28:16.409 sondern die sind natürlich auch unsympathisch. 00:28:16.609 --> 00:28:21.392 Und auch - es gibt sympathische Frauen und unsympathische Frauen und Männer. 00:28:21.592 --> 00:28:26.686 Ich meine, so schaut halt Literatur aus. 00:28:26.886 --> 00:28:33.884 Aber natürlich habe ich einen anderen Blick, denke ich mir, auf die handelnden Personen, 00:28:34.084 --> 00:28:42.882 als Männer, als Leute - als Frauen, die jetzt konservative Rollenbilder im Kopf haben, 00:28:43.082 --> 00:28:48.431 oder die gutheißen. Also das wird schon… Das kommt schon dann irgendwie auch durch. 00:28:48.631 --> 00:28:55.351 Aber es ist nicht gedacht zu missionieren. Weil ich glaube, dass das das falsche Medium wäre. 00:29:00.040 --> 00:29:01.785 Also erstens einmal habe ich wirklich festgestellt, 00:29:01.985 --> 00:29:09.554 dass für mich - dass das nicht unbedingt mein - das ist, was ich machen möchte. 00:29:09.754 --> 00:29:16.393 Es kam… Ja, nein. 00:29:16.593 --> 00:29:20.212 Ich glaube, dass ich sehr ungeduldig bin 00:29:20.412 --> 00:29:29.802 und - also nicht nicht gruppentauglich in einem undemokratischen Sinn, ja. 00:29:30.002 --> 00:29:34.353 aber beim Schreiben habe ich die Möglichkeit - da muss ich das nicht abstimmen, 00:29:34.553 --> 00:29:38.684 da muss ich keinen Kompromiss schließen, da muss ich nicht den Konsens suchen. 00:29:38.884 --> 00:29:44.825 Da kann ich einfach das, was ich für richtig halte, den Leserinnen und Lesern mitteilen. 00:29:45.025 --> 00:29:50.572 Parteiarbeit ist ja immer sehr stark mit - hängt ja sehr stark mit Kompromissen 00:29:50.772 --> 00:29:53.498 und mit Konsens-suchen zusammen. 00:29:53.698 --> 00:30:00.987 Aber was schon auch eine Rolle gespielt hat, war dass das Liberale Forum sich dann auch wieder 00:30:01.187 --> 00:30:04.957 in eine - es kam dann eben ein neuer, wie hat das damals bei uns geheißen? 00:30:05.157 --> 00:30:12.744 Bundes - ja, jetzt weiß ich nicht genau, wie die Funktion geheißen hat, 00:30:12.944 --> 00:30:17.867 aber jedenfalls es kam da jemand dazu, 00:30:18.067 --> 00:30:22.452 der die Partei dann wieder nach seinen Vorstellungen gestalten wollte. 00:30:22.652 --> 00:30:24.624 Das war eben nicht die Heide Schmidt, sondern das war der Christian Köck 00:30:24.824 --> 00:30:27.268 und mit dem habe ich eben überhaupt - also da habe ich gefunden, 00:30:27.468 --> 00:30:32.565 das geht in eine Richtung, die überhaupt nicht meine ist. 00:30:32.765 --> 00:30:39.032 Der war ja auch - der hat ja dann auch unser Frauenprogramm also nicht gewollt 00:30:39.232 --> 00:30:42.306 und hat dann - ist dann plötzlich gekommen und hat gesagt, wir müssen den Hausfrauen 00:30:42.506 --> 00:30:44.628 ein Angebot machen und so. 00:30:44.828 --> 00:30:52.395 Also... zumal es so war, dass das LIF ja - es hat mir ja auch nicht in allen - 00:30:52.595 --> 00:30:58.548 das Programm war ja nicht in allen Punkten jetzt so ganz meins. 00:30:58.748 --> 00:31:04.107 Ich bin, glaube ich, auch - im Grunde genommen bin ich ja auch eine alte Sozialdemokratin, ja. 00:31:04.307 --> 00:31:10.820 Und das LIF hat ja schon auch wechselnde Entwicklungen durchgemacht 00:31:11.020 --> 00:31:15.893 und dann ist es wieder in eine Richtung gegangen, wo ich mich nicht zuhause gesehen habe. 00:31:16.093 --> 00:31:21.835 Und daher war es das gescheiteste sich da wieder zu verabschieden. 00:31:22.035 --> 00:31:25.783 Naja, wir waren eine Kerngruppe von ungefähr 20 Leuten, mehr war - maximal 20, 00:31:26.112 --> 00:31:31.450 Naja, wir waren eine Kerngruppe von ungefähr 20 Leuten, mehr war - maximal 20, 00:31:31.650 --> 00:31:33.412 da sind nicht immer alle 20 gekommen. 00:31:33.612 --> 00:31:37.348 Es hat sich ja auch ein bisschen verschoben, also es sind welche weggeblieben 00:31:37.548 --> 00:31:43.617 und neue dazu gekommen, aber es war so - hat sich immer so bei ungefähr 20 eingependelt. 00:31:43.817 --> 00:31:47.367 Wir haben uns zunächst konspirativ in einem 00:31:47.567 --> 00:31:51.918 - im Keller eines Lokals an der Wienzeile zusammengefunden. 00:31:52.118 --> 00:31:58.756 Später hat uns dann die Johanna Dohnal ein kleines Büro im dritten Bezirk finanziert. 00:31:58.956 --> 00:32:06.267 Dann waren eben diese Geschichten mit, „Wir brauchen einen Verein, einen Trägerverein, 00:32:06.467 --> 00:32:11.437 wer macht den Vorsitz?“ diese ganze Vereinspolitik. 00:32:11.637 --> 00:32:16.510 Dann gab es das alles und dann, ja, dann haben wir einfach, 00:32:16.710 --> 00:32:19.691 Wir haben uns, glaub ich… Wie oft haben wir uns getroffen? 00:32:19.891 --> 00:32:21.665 Ich könnte es nicht mehr sagen, aber ziemlich oft. 00:32:21.865 --> 00:32:25.856 Also einen Abend in der Woche mit Sicherheit, aber ich glaube, dass es öfter war. 00:32:26.056 --> 00:32:30.988 00:32:31.188 --> 00:32:39.800 Und es ist jetzt ein bisschen schwer - man kann es ein bisschen auch nachlesen, es gibt... 00:32:40.000 --> 00:32:45.247 Ja, natürlich, ich hab unendlich viele Texte geschrieben 00:32:45.447 --> 00:32:54.187 für Zeitungen, so Texte, Flyer, für Broschüren und weiß der Geier was. 00:32:54.387 --> 00:32:58.610 Also wir haben ziemlich viel - damals war ja elektronisch noch nichts... 00:32:58.810 --> 00:33:01.582 Da gab es ja noch nicht das Internet. 00:33:01.782 --> 00:33:09.142 Also wir haben viel auf dem Druckweg unter die Leute gebracht. 00:33:09.342 --> 00:33:17.026 Ach so, ja und dann - ja, es war natürlich auch gedacht, als Unterstützung von Parteifrauen, 00:33:17.226 --> 00:33:21.786 die in der eigenen Partei mit feministischen Ideen nicht durchkommen. 00:33:21.986 --> 00:33:24.665 Und also wir haben, für uns war von vorn herein klar, 00:33:24.865 --> 00:33:29.530 also mit der FPÖ wollen wir nichts zu tun haben, das war auch sinnlos, ich meine, alles... 00:33:29.730 --> 00:33:33.465 aus verschiedenen Gründen, aber auch dort waren ja - wären ja auch keine, 00:33:33.665 --> 00:33:39.142 nicht einmal Ansätze einer akzeptablen Frauenpolitik zu entdecken gewesen. 00:33:39.342 --> 00:33:42.987 Aber genau, bei den anderen haben wir gesagt, gibt es ja eigentlich überall Frauen, 00:33:43.187 --> 00:33:45.890 die etwas Vernünftiges auf die Beine stellen wollen. 00:33:46.090 --> 00:33:49.501 Also da war auch die Maria Rauch-Kallat- war ja in ihrer Partei verdienstvoll, 00:33:49.701 --> 00:33:53.239 wir haben auch gewusst, dass in der SPÖ die Johanna Dohnal immer 00:33:53.439 --> 00:33:55.665 gegen unglaubliche Widerstände ankämpfen musste. 00:33:55.865 --> 00:34:01.670 Die war dann allerdings nicht mehr Ministerin, als wir - genau, die war ja dann, 00:34:01.870 --> 00:34:04.352 ist ja dann gekickt worden im Zuge dieser Geschichte. 00:34:04.552 --> 00:34:09.831 Aber es gab natürlich - es gab noch welche, die Unterstützung brauchen hätten können. 00:34:10.031 --> 00:34:14.173 Und ich bin dann ins Parlament gegangen und habe, also ich war mit den... 00:34:14.373 --> 00:34:18.097 Mit den Grünen hat die Eva Rossman, glaube ich, den Kontakt hergestellt, 00:34:18.297 --> 00:34:22.752 ich war jedenfalls bei der Rauch-Kallat und bei der SPÖ und habe gesagt, 00:34:22.952 --> 00:34:26.502 ob sie uns nicht unterstützen wollen und mit uns zusammenarbeiten. 00:34:26.702 --> 00:34:30.868 Mit der SPÖ hat es geklappt, mit den Grünen auch und die Schwarzen haben gesagt nein. 00:34:31.068 --> 00:34:37.741 Und die Rauch-Kallat hat ja dann auch durchaus Gegenposition bezogen, weil - was weiß ich? 00:34:37.941 --> 00:34:40.342 Eigentlich war es nicht einsehbar, weil wir haben nichts vertreten, 00:34:40.542 --> 00:34:42.188 was sie nicht unterschreiben hätte können, 00:34:42.388 --> 00:34:46.089 aber die Parteiräson hat gefordert, dass die ÖVP gegen uns ist. 00:34:46.289 --> 00:34:49.827 Ja, und... 00:34:50.027 --> 00:34:54.680 da hatten wir natürlich dann von - also auch in den Bundesländern und überall 00:34:54.880 --> 00:34:58.941 gab es Frauenorganisationen, die katholischen Frauen haben uns sehr unterstützt, 00:34:59.141 --> 00:35:08.252 die Bauern, ja, die Frauenorganisation der Bauern und da gab es dann natürlich immer Einladungen 00:35:08.452 --> 00:35:10.713 zu - die haben Veranstaltungen gemacht 00:35:10.913 --> 00:35:15.949 und wir sind dann eben in die Bundesländer gefahren und haben über dieses Vorhaben geredet. 00:35:16.149 --> 00:35:21.069 Es gab dann halt die - irgendwann diese elf Punkte, diese elf Forderungspunkte, 00:35:21.269 --> 00:35:26.039 die waren im Wesentlichen dann von der Eva Rossmann dann zusammengefasst und formuliert. 00:35:26.239 --> 00:35:33.666 Und naja, das war’s. 00:35:38.190 --> 00:35:46.154 Ich glaube, dass es schon ein bisschen zu einem - zu einer Bewusstseinsreform beigetragen hat. 00:35:46.354 --> 00:35:54.118 Es hat zumindest Forderungen, die aber halt auch noch immer nicht erfüllt sind 00:35:54.318 --> 00:35:58.948 - ich weiß nicht, ob das das Frauenvolksbegehren war, aber es hat sicher dazu beigetragen, 00:35:59.148 --> 00:36:04.405 dass sich niemand zu sagen traut, Frauen sollen für gleichwertige Leistungen weniger kriegen. 00:36:04.605 --> 00:36:11.415 Also theoretisch sind da alle dafür, praktisch wissen wir, funktioniert es noch immer nicht. 00:36:11.615 --> 00:36:15.434 Es hat natürlich auch gezeigt, 00:36:15.634 --> 00:36:22.017 dass letztlich dann Parteipolitik solche Sachen auch wieder aushebeln kann. 00:36:22.217 --> 00:36:24.072 Also es haben uns - das Volksbegehren wurde von 00:36:24.272 --> 00:36:27.755 ja, wie gesagt, von den Grünen und den Roten heftig unterstützt, 00:36:27.955 --> 00:36:34.570 Dann gabs, also nachdem das so großen Zuspruch erfahren hat, 00:36:34.770 --> 00:36:38.656 gab es ja den zuständigen Ausschuss im Parlament 00:36:38.856 --> 00:36:41.512 und da haben dann die Roten wieder blockiert, 00:36:41.712 --> 00:36:46.017 weil die waren damals mit den Schwarzen in einer Koalition und konnten das also... 00:36:46.217 --> 00:36:49.270 konnten und wollten dann nicht mehr unterstützen. 00:36:49.470 --> 00:36:51.873 Da waren dann die Grünen die einzigen, die uns unterstützt haben. 00:36:52.073 --> 00:36:54.718 Aber das hat natürlich nicht genügend Gewicht gehabt. 00:36:54.918 --> 00:36:59.431 Also es war schon auch - zunächst waren wir sehr begeistert, 00:36:59.631 --> 00:37:06.743 wie wir uns verständlich machen konnten und wie ein - und über die große Zustimmung. 00:37:06.943 --> 00:37:11.111 Dann war es schon auch eine Strecke von Enttäuschungen, ja. 00:37:11.311 --> 00:37:14.106 Und das ist es im Grunde genommen natürlich bis heute. 00:37:14.306 --> 00:37:17.311 Und jetzt werden wir einmal schauen, 00:37:17.511 --> 00:37:20.852 was aus dem - wie es mit dem neuen Frauenvolksbegehren ausschaut. 00:37:21.052 --> 00:37:24.592 Ich glaube, dass die etwas ganz Wesentliches - also ich hoffe, sie sagen es - 00:37:24.792 --> 00:37:28.075 Ich hatte ja ein bisschen Kontakt mit den Initiatorinnen 00:37:28.275 --> 00:37:31.151 und die haben mir etwas gesagt, was mir gut gefallen hat, 00:37:31.351 --> 00:37:35.784 nämlich: Wir werden nicht umhin kommen zu sagen, 00:37:35.984 --> 00:37:39.011 dass die Männer etwas hergeben müssen. 00:37:39.211 --> 00:37:45.002 Es wird - also wenn wir umverteilen wollen, dann geht das zu Lasten derer, die jetzt mehr haben. 00:37:45.202 --> 00:37:46.802 Da sollte man annehmen, das ist logisch. 00:37:47.002 --> 00:37:52.142 Aber ich weiß, dass die das - auch wir immer damit argumentiert haben 00:37:52.342 --> 00:37:56.113 – was ja nicht falsch ist – die Männer haben ja auch etwas zu gewinnen. 00:37:56.313 --> 00:38:02.046 Und diese Rollenbilder sind ja auch nicht immer unbedingt zum Nutzen der Männer 00:38:02.246 --> 00:38:08.486 und die sollen sich doch freuen, wenn wir dann in einer geschlechtergerechten Welt leben. 00:38:08.686 --> 00:38:14.503 Ja, hat aber nicht wirklich bewirkt, dass die Männer scharenweise zum Feminismus übergelaufen sind, ja. 00:38:14.703 --> 00:38:17.661 Und wenn wir ehrlich sind, dann wird es ihnen schon ein bisschen 00:38:17.861 --> 00:38:20.285 - wird es schon ans Eingemachte gehen müssen, 00:38:20.485 --> 00:38:23.919 sonst kann man eben keine Verteilungsgerechtigkeit herstellen. 00:38:24.119 --> 00:38:30.606 Und wenn die das jetzt schaffen, das zu transportieren und aber trotzdem auf Gerechtigkeit zu pochen, 00:38:30.806 --> 00:38:34.078 dann würde ich das schon irgendwie ganz toll finden. 00:38:34.278 --> 00:38:38.129 Aber da - ich habe mich jetzt -  also ich bringe mich da nicht ein. 00:38:38.329 --> 00:38:41.380 Ich finde, das ist jetzt wirklich in guten Händen 00:38:41.580 --> 00:38:48.033 bei einer nächsten Generation und ja, wünsche ihnen alles Gute natürlich. 00:38:52.190 --> 00:38:55.972 Es gibt die Klassiker wie Einkommensgerechtigkeit. 00:38:56.172 --> 00:39:01.417 Es ist nach wie vor ärgerlich, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie 00:39:01.617 --> 00:39:05.756 immer noch an den Frauen hängen bleibt. 00:39:05.956 --> 00:39:12.574 Es kommt aber jetzt dazu, dass diese - dass die Arbeitswelt sich ja im Grunde genommen 00:39:12.774 --> 00:39:19.842 immer mehr gegen die Möglichkeiten der - einer vernünftigen Work-Life-Balance entwickelt. 00:39:20.042 --> 00:39:24.428 Und das macht es weder den Frauen noch den Männern einfacher 00:39:24.628 --> 00:39:26.692 sich da irgendwie durchzuschlagen. 00:39:26.892 --> 00:39:31.150 Also da gibt es schon auch sehr viele neue Belastungen. 00:39:31.350 --> 00:39:35.121 Also alle diese jungen Frauen, die prekär gearbeitet haben, Kinder kriegen, 00:39:35.321 --> 00:39:38.151 nicht pensionsversichert sind… 00:39:38.351 --> 00:39:41.019 Also jetzt, man weiß nicht, wann sie wieder 00:39:41.219 --> 00:39:43.828 in ein Arbeitsverhältnis einsteigen können und werden, 00:39:44.028 --> 00:39:45.953 wo es so etwas wie eine Pensionsversicherung gibt. 00:39:46.153 --> 00:39:52.187 Und natürlich ist es - das ist, wie gehabt: Es sind die Frauen, die zurückstecken beruflich, 00:39:52.387 --> 00:39:55.842 um sich um die Kinder zu kümmern. 00:39:56.042 --> 00:40:03.136 Das ist das eine. Das andere ist diese - diese Zweiteilung, die sich da herausbildet; 00:40:03.336 --> 00:40:09.510 auf der einen Seite haben wir eine stark sexualisierte bis pornografisierte Gesellschaft, 00:40:09.710 --> 00:40:16.777 die also Frauen eigentlich wieder in ganz - also Porno-Industrie und Prostitution, 00:40:16.977 --> 00:40:18.914 die also Frauen ausbeutet, 00:40:19.114 --> 00:40:27.900 die aber auch den Frauen eben sehr sexualisierte Rollenbilder zuweist. 00:40:28.100 --> 00:40:33.031 Also wenn ich - mir missfällt es sehr, dass schon die kleinen Mädchen 00:40:33.231 --> 00:40:39.696 - also die Mode für kleine Mädchen, etwas, ich sage es jetzt einmal ungeschminkt, 00:40:39.896 --> 00:40:44.456 etwas huröses hat, ja. Und dass klein- dass Volksschülerinnen, 00:40:44.656 --> 00:40:51.062 die ja eh keinen Busen haben bereits also im Bad BHs, Bikinis tragen müssen, 00:40:51.262 --> 00:40:52.826 weil sie sonst ausgelacht würden 00:40:53.026 --> 00:40:57.145 und wenn sie sich beim Turnunterricht ausziehen und – Gott behüte! – keinen BH anhaben, 00:40:57.345 --> 00:41:00.733 den sie ja nicht brauchen, dann fällt die ganze Klasse über sie her, ja. 00:41:00.933 --> 00:41:05.029 Also das ist auch so eine frühe - auch so eine frühe Sexualisierung von Frauen. 00:41:05.229 --> 00:41:11.588 Und dann haben wir auf der anderen Seite natürlich diese - dieses sehr rigide Bild, 00:41:11.788 --> 00:41:15.812 das durch die Zuwandernden ins Spiel kommt. 00:41:16.012 --> 00:41:21.782 Auch dort natürlich mit früher Sexualisierung, weil ein Tschador für ein Volksschulkind ist absurd. 00:41:21.982 --> 00:41:24.627 Das an und für sich - also ich heiße ihn nicht gut, 00:41:24.827 --> 00:41:31.779 aber wenn man ihn zumindest als das - als ein traditionelles Merkmal, 00:41:31.979 --> 00:41:36.980 oder eine traditionell frauenspezifische Kleidung nimmt, dann ist er eben frauenspezifisch, das heißt, 00:41:37.180 --> 00:41:41.473 er sollte mit - ab der Pubertät eingesetzt werden, 00:41:41.673 --> 00:41:45.316 wird aber schon den kleinen Mädchen umgebunden. Gut, und wir kennen die Debatte. 00:41:45.516 --> 00:41:52.514 Die Migration bringt jetzt natürlich wieder - stellt natürlich schon auch Errungenschaften in Frage, 00:41:52.714 --> 00:41:56.113 von denen wir gedacht haben, dass sie außer Frage stehen. 00:41:56.313 --> 00:42:00.780 Und ich verstehe schon eine gewisse Besorgnis, mit der - die sich da breit macht. 00:42:00.980 --> 00:42:04.739 Das Erstaunliche ist immer nur, dass am besorgtesten tun jene, die mit 00:42:04.939 --> 00:42:07.421 - die auf der anderen Seite von Genderwahn reden 00:42:07.621 --> 00:42:09.720 und mit Feminismus nichts am Hut gehabt haben. 00:42:09.920 --> 00:42:12.727 Das ist ja auch das Ärgerliche, weil man natürlich immer Gefahr läuft 00:42:12.927 --> 00:42:18.695 ins falsche Eck gestellt zu werden, wenn man sich da irgendwie schärfer äußert. 00:42:23.075 --> 00:42:25.801 Es gibt einfach so ganz viele unterschiedliche 00:42:26.001 --> 00:42:29.725 und auf unterschiedliche Weise schon auch engagierte Frauen und es gibt 00:42:29.925 --> 00:42:35.472 Am meisten ärgern mich die Antifeministinnen, die also ständig aus den Löchern kriechen. 00:42:35.672 --> 00:42:43.924 Zum Beispiel jetzt im Zuge dieser #metoo-Geschichte, wo halt dann die auftreten, die sagen, 00:42:44.124 --> 00:42:52.179 ich weiß nicht - Job-Angebot mit sexuellen Avancen zu verbinden ist flegelhaftes Verhalten, 00:42:52.379 --> 00:42:55.000 aber kein - nichts Kriminelles. 00:42:55.200 --> 00:42:57.554 Das widerspricht ja sogar der Gesetzeslage. 00:42:57.754 --> 00:43:05.263 Ja, es gibt... es gibt auch Frauen - also ich hatte zum Beispiel, 00:43:05.463 --> 00:43:10.163 ich neige zum Beispiel ja eher dazu mich dem Gleichstellungsfeminismus zuzuzählen 00:43:10.363 --> 00:43:13.216 und nicht dem Differenzfeminismus, ja. 00:43:13.416 --> 00:43:18.081 Das hat sich auch nicht sonderlich geändert, aber das heißt nicht, dass ich nicht auch 00:43:18.281 --> 00:43:24.698 - natürlich gibt es ganz viele Schnittmengen auch mit den, bei den Differenzfeministinnen. 00:43:24.898 --> 00:43:28.298 Ich bin ja nicht wirklich eine Theoretikerin, 00:43:28.498 --> 00:43:38.433 sondern ich sehe es lebenspraktisch doch, in einem hohen Ausmaß. Alle diese Fragen. 00:43:38.633 --> 00:43:42.183 Natürlich, ja, das hat schon immer einen theoretischen Hintergrund, 00:43:42.383 --> 00:43:46.560 aber für mich ist es dann doch immer interessant, 00:43:46.760 --> 00:43:51.692 wie leben Menschen, unter welchen Bedingungen? 00:43:55.600 --> 00:43:58.662 Das wird für mich auch sehr oft zu wenig beachtet. 00:43:58.862 --> 00:44:05.640 Es ist einfach - also es gibt natürlich Dinge, die haben Frauen als Frauen einfach generell gemeinsam. 00:44:05.840 --> 00:44:13.093 Aber ich glaube, dass das, was sie mittels - was durch Milieu dann - was sie durch Milieu trennt, 00:44:13.293 --> 00:44:17.437 dass das schon auch eine ganz, ganz beachtliche Menge ist. 00:44:17.637 --> 00:44:18.948 Und das ist halt ein Unterschied. 00:44:19.148 --> 00:44:22.455 Ich meine, es gab ja auch die bürgerliche und die proletarische Frauenbewegung 00:44:22.655 --> 00:44:25.740 aus diesen unterschiedlichen Lebensbedingungen heraus. 00:44:25.940 --> 00:44:28.248 Das hat sich ja nicht so geändert, ja. 00:44:28.448 --> 00:44:34.715 Es ist einfach ein Unterschied, über welche finanziellen Ressourcen ich verfüge, 00:44:34.915 --> 00:44:39.231 über welche familiären Ressourcen ich verfüge, über welche Bildungsgrad ich verfüge. 00:44:39.431 --> 00:44:41.201 Das kann man nicht in einen Topf hauen. 00:44:41.401 --> 00:44:45.566 Und was mich am meisten ärgert, ist, wenn privilegierte Frauen als Role Models präsentiert werden, 00:44:45.766 --> 00:44:52.822 so mit der Absicht: „Ja, dann schau halt jetzt, du Unterprivilegierte, was alles möglich ist!“ 00:44:53.022 --> 00:44:58.499 Also wenn das dann als individuelles Versagen geradezu hingestellt wird, 00:44:58.699 --> 00:45:01.948 dass manche eben unterprivilegiert sind und zwar nicht 00:45:02.148 --> 00:45:04.409 - in Wirklichkeit nicht aus eigenem Verschulden. 00:45:04.609 --> 00:45:09.157 Und daher glaube ich halt immer, dass man es mitdenken muss. 00:45:09.357 --> 00:45:13.790 Und es wird ja auch gerne über die Vergangenheit in einer Art und Weise geredet, 00:45:13.990 --> 00:45:19.316 als hätte es da keine Milieuunterschiede und keine Klassenunterschiede gegeben. 00:45:19.516 --> 00:45:23.566 „Ach, die Großmütter, die waren alle zuhause und haben…“ Und so weiter. 00:45:23.766 --> 00:45:29.394 Das stimmt ja alles nicht! Man weiß ja, dass - und die bürgerliche Familie hat natürlich 00:45:29.594 --> 00:45:34.607 auf dem Rücken von ganz vielen Zuarbeitenden und schlecht bezahlten Menschen funktioniert. 00:45:34.807 --> 00:45:41.071 Und diese Menschen waren Frauen und Männer, die ganz früher nicht einmal heiraten durften 00:45:41.271 --> 00:45:48.109 und die später dann unter Umständen auch nicht zu einer Familiengründung gekommen sind, 00:45:48.309 --> 00:45:52.068 weil es ihnen an den materiellen Voraussetzungen dafür gefehlt hat. 00:45:52.268 --> 00:45:58.233 Also das war ja nicht so, dass überall dieses kleinkarierte Idyll geherrscht hat, 00:45:58.433 --> 00:46:00.114 das so gerne zitiert wird. 00:46:04.760 --> 00:46:07.080 Ich habe ja nicht eine Karriere in dem Sinne gemacht, 00:46:07.280 --> 00:46:13.222 dass ich also jetzt ein hierarchisch, irgendwas in der Hierarchie geworden wäre. 00:46:13.422 --> 00:46:22.310 Ich lebe also finanziell bescheiden, ich habe auch nicht die großen Reichtümer angesammelt. 00:46:22.510 --> 00:46:25.447 Das heißt, das hat mir natürlich ja auch Kämpfe erspart. 00:46:25.647 --> 00:46:29.371 Ich bin in gewisser Weise ja auch diesen Hierarchiekämpfen aus dem Weg gegangen. 00:46:29.571 --> 00:46:32.889 Vielleicht war ich - wird schon konfliktscheu gewesen sein. 00:46:33.089 --> 00:46:36.801 Nur jetzt rückblickend, ich habe neulich mit einer befreundeten Kollegin darüber gesprochen 00:46:37.001 --> 00:46:40.168 und die hat gesagt: „Aber dafür hast du Autorität.“ Und ich habe mir gedacht, ja, 00:46:40.368 --> 00:46:42.432 wenn es so ist, ist es schön. 00:46:42.632 --> 00:46:47.703 Das hat ein bisschen damit zu tun, dass ich natürlich bis zu einem gewissen 00:46:47.903 --> 00:46:50.919 - also dass mir das eine gewisse Unabhängigkeit verschafft hat, ja. 00:46:51.119 --> 00:46:55.981 Ich habe nicht um Posten konkurriert 00:46:56.181 --> 00:46:59.662 und – mein Gott – mir muss man da auch nicht drohen, 00:46:59.862 --> 00:47:05.185 dass ich keine großen Gelder verdiene, damit lebe ich eh, ja. 00:47:05.385 --> 00:47:08.938 Ob das jetzt ein probates - oder ein gutes Modell ist, weiß ich nicht. 00:47:09.138 --> 00:47:11.411 Weil ich würde natürlich schon auch wollen, 00:47:11.611 --> 00:47:18.307 dass Frauen einen hierarchischen Ehrgeiz haben und auch viel Geld cashen wollen, ja, das sehe ich 00:47:18.507 --> 00:47:21.848 - das würde ich schon alles auch einsehen und unterstützten. 00:47:22.048 --> 00:47:26.145 Ich glaube, ja, ich habe mich irgendwie ganz gut durch laviert. 00:47:26.345 --> 00:47:28.745 Also es ist jetzt auch nicht so, dass ich am Hungertuch nage, ja. 00:47:28.945 --> 00:47:32.867 Es geht sich halt alles aus und es passt dann schon. 00:47:33.067 --> 00:47:38.672 Und ein bisschen war natürlich so gesehen wiederum die Beschäftigung mit feministischen Themen 00:47:38.872 --> 00:47:43.664 eine Nische, die mir ja lange auch nicht wirklich streitig gemacht wurde. 00:47:43.864 --> 00:47:48.912 Weil das wollten - alle, die die was werden wollten, wollten es eh nicht unbedingt machen. 00:47:49.112 --> 00:47:53.068 Man muss dazu sagen, es gab natürlich auch, es hat ja dann die Eva Deissen 00:47:53.268 --> 00:47:56.156 oder die Marga Swoboda, die ja dann also auch jeweils 00:47:56.356 --> 00:48:00.731 in sehr auflagenstarken Tageszeitungen darüber geschrieben haben. 00:48:00.931 --> 00:48:05.584 Wobei die Deissen, ich glaube, wirklich sehr... sehr viel feministischer engagiert war. 00:48:05.784 --> 00:48:07.662 Die Marga Swoboda hat das gemacht, 00:48:07.862 --> 00:48:11.307 was der Kurier zunächst, glaube ich, sich von mir erwartet hat, 00:48:11.507 --> 00:48:15.429 nämlich eine Frauenkolumne geschrieben, eine relativ gefügige. 00:48:15.629 --> 00:48:21.385 Ich meine das nicht abwertend, die war, also hatte ihre literarischen Qualitäten, 00:48:21.585 --> 00:48:25.797 hat die Zugeständnisse, unter denen sie, glaube ich, schon auch gelitten hat, 00:48:25.997 --> 00:48:30.034 an die Kronen Zeitung gemacht. Ist ein anderes Lebensmodell. 00:48:30.234 --> 00:48:36.071 Also so gesehen hat diese Nische ein paar Leute vertragen, ja, Beschäftigung mit Frauen, 00:48:36.271 --> 00:48:38.379 in welcher Form auch immer, 00:48:38.579 --> 00:48:44.547 aber ja, das - man ist halt natürlich auch in der Nische festgesessen. 00:48:44.747 --> 00:48:48.018 Was mich nicht so stört, weil ich - erstens liegt sie mir am Herzen. 00:48:48.218 --> 00:48:56.006 Zweitens, habe ich sie erweitert natürlich auf die Thematik soziale Frage insgesamt. 00:48:56.206 --> 00:49:01.822 Und drittens, wollte ich ja in Wirklichkeit eh so gerne also eben auch mich 00:49:02.022 --> 00:49:09.392 den literarischen Ambitionen zuwenden - da werde ich nicht so wirklich- 00:49:09.592 --> 00:49:14.498 das Feuilleton nimmt mich nicht wirklich wahr auf diesem Sektor. 00:49:14.698 --> 00:49:17.542 Das hat auch etwas damit zu tun, dass man halt immer sofort 00:49:17.742 --> 00:49:26.329 in ein bestimmtes Kastl gelegt wird und bei mir ist das Kastl Feministin und Journalistin. 00:49:26.529 --> 00:49:32.020 Mir hat ein befreundeter Kollege einmal gesagt 00:49:32.220 --> 00:49:35.155 - der hat mich freundlicherweise mit Tucholsky verglichen, 00:49:35.355 --> 00:49:39.369 der ja durchaus einer meiner Säulenheiligen ist und der 00:49:39.569 --> 00:49:41.752 - weil der auch so verschiedene Genres bedient hat. 00:49:41.952 --> 00:49:46.161 Nur das Bedienen - oder das Sich-Bewegen in verschiedenen Genres 00:49:46.361 --> 00:49:50.541 nützt einem im Feuilleton gar nichts, weil die wollen Eindeutigkeit, ja. 00:49:55.722 --> 00:50:01.629 Ich arbeite ja von zuhause aus und hatte das Glück, dass ich autonom in meiner Kolumne sein kann. 00:50:01.829 --> 00:50:06.040 Das heißt, ich habe mich dem entzogen, ja, aber natürlich hat es das gegeben, 00:50:06.240 --> 00:50:08.142 das ist überhaupt keine Frage. 00:50:08.342 --> 00:50:16.664 Also das war schon - also man ist leicht - als Mann leichter etwas geworden als als Frau. 00:50:16.864 --> 00:50:23.920 Und natürlich haben sich, gab es überall die Buberlpartien 00:50:24.120 --> 00:50:29.017 und auch im Journalismus gibt es diese, hat es ja immer diese männlichen Peergroups gegeben, 00:50:29.217 --> 00:50:31.907 die einander in die Hände gespielt haben. 00:50:32.107 --> 00:50:36.981 Und dann hat es halt ein paar Frauen geben, die durften bis zu einem gewissen Grad mitspielen. 00:50:37.181 --> 00:50:41.091 Aber die, es war schon - die waren schon gut beraten, 00:50:41.291 --> 00:50:46.571 wenn sie sich da nicht besonders unliebsam verhalten haben. 00:50:46.771 --> 00:50:50.425 Also ich kann mich erinnern, es gab so einen Stammtisch von Kollegen, 00:50:50.625 --> 00:50:53.792 wo dann einer einmal gesagt hat, „Da musst du unbedingt mitkommen! 00:50:53.992 --> 00:50:58.239 Das ist so toll und da kommt auch...“ 00:50:58.439 --> 00:50:59.980 – und ich sage jetzt keine Namen, weil es keinen Sinn hätte, 00:51:00.180 --> 00:51:03.860 die gibt es auch schon lange nicht mehr, „Und da kommt auch die sowieso 00:51:04.060 --> 00:51:07.981 und da wirst du dich wundern, also die ist klasse und die gibt’s uns“ 00:51:08.181 --> 00:51:10.779 und ich habe mir gedacht, wow, mal sehen, ob ich mithalten kann. 00:51:10.979 --> 00:51:19.452 Und dann war das eine Frau, die halt immer - die eigentlich zu den Witzen, die da gefallen sind, 00:51:19.652 --> 00:51:23.492 sehr gelacht hat und zwischendurch streng gesagt hat, „Also Burschen, aber wirklich!“ 00:51:23.692 --> 00:51:29.878 Das haben die bereits als unglaublich gleichberechtigtes Benehmen empfunden. 00:51:30.078 --> 00:51:32.955 Ich nicht. Ja. 00:51:33.155 --> 00:51:39.665 Und natürlich gibt es bis heute – das hat es immer gegeben – sexuelle Belästigung. 00:51:39.865 --> 00:51:44.474 Das war immer an der Tagesordnung. 00:51:50.423 --> 00:51:54.428 Ich glaube, dass ich etwas kann: 00:51:54.628 --> 00:51:57.063 Ich kann Menschen Argumente liefern. 00:51:57.263 --> 00:52:01.789 Ich glaube nicht, dass ich jemanden, der ein ganz anderes Weltbild habe, 00:52:01.989 --> 00:52:07.060 dazu bringe, dass der sagt, „Wow, ja, wirklich, jetzt haue ich meine Überzeugungen über Bord!“, 00:52:07.260 --> 00:52:13.817 aber Leute, die unsicher sind, oder durchaus der gleichen Meinung sind, 00:52:14.017 --> 00:52:16.324 aber nicht wissen, wie sie sie argumentieren, 00:52:16.524 --> 00:52:22.942 die können - denen gebe ich, und ich weiß das, weil ich das Feedback habe, ja. 00:52:23.142 --> 00:52:26.750 Denen kann ich schon Argumente an die Hand geben 00:52:26.950 --> 00:52:30.965 und auch - jetzt schreibe ich, wie gesagt, ja schon sehr lange 00:52:31.165 --> 00:52:33.589 und ich treffe immer wieder junge Frauen, die sagen: 00:52:33.789 --> 00:52:37.106 „Sie haben an meiner Erziehung mitgewirkt“ 00:52:37.306 --> 00:52:42.946 oder „Sie haben an meiner Entwicklung zu einer genderbewussten Person mitgewirkt“ 00:52:43.146 --> 00:52:46.345 und ich denke mir, das ist ja toll, ja! 00:52:46.545 --> 00:52:50.760 Ja, mehr kann ich wahrscheinlich nicht verlangen. 00:52:50.960 --> 00:52:58.399 Und ich finde das ja auch ein Privileg, dass ich jetzt nicht nur an einem dubiosen Stammtisch, 00:52:58.599 --> 00:53:02.033 oder in der Küche, oder wo auch immer, oder von mir aus in einem Büro, 00:53:02.233 --> 00:53:05.876 wo es aber um ganz andere Dinge geht, mich darüber aufregen kann, 00:53:06.076 --> 00:53:10.137 sondern dass ich meine Überlegungen öffentlich machen kann. 00:53:10.337 --> 00:53:15.756 Und es - ich habe ja auch viel gewonnen, es ist ja, es kamen ja auch immer wieder 00:53:15.956 --> 00:53:20.957 Briefe von Leuten, die - also mit denen 00:53:21.157 --> 00:53:24.580 ein Gedankenaustausch interessant und wichtig war. 00:53:24.780 --> 00:53:27.053 Und ich habe auch Freundschaften geschlossen auf diesem Weg. 00:53:27.253 --> 00:53:31.627 Und das ist ja einfach eine, wie gesagt, eine privilegierte Situation 00:53:31.827 --> 00:53:38.988 im Vergleich zu Leuten, die also sehr isoliert Leben müssen mit ihren Ansichten. 00:53:39.188 --> 00:53:42.703 Weil sie halt einfach nicht wissen, wo es die Gleichgesinnten gibt, ja. 00:53:42.903 --> 00:53:44.990 Aber da hat sich ja auch etwas getan. 00:53:45.190 --> 00:53:48.578 Weil ich meine, gut, früher ist man zu einer politischen Partei gegangen, 00:53:48.778 --> 00:53:53.814 jetzt gibt es alle diese NGOs, die sich einem Thema widmen. 00:53:54.014 --> 00:53:59.282 Ich kenne zum Beispiel - also ich habe befreunde Menschen, die jetzt in Pension sind 00:53:59.482 --> 00:54:03.009 und die gehen zu Senior Attac und die haben das Gefühl, 00:54:03.209 --> 00:54:07.688 sie können dort doch etwas beitragen zu einer gerechteren Welt. 00:54:15.989 --> 00:54:20.923 Na gut, ja... gerechte Verteilung aller... 00:54:21.123 --> 00:54:29.317 Selbstbestimmung für... aber es schaut noch, nachdem das Primat der Wirtschaft herrscht, 00:54:29.517 --> 00:54:31.616 ich weiß nicht, wie lange das gehen wird, ja. 00:54:31.816 --> 00:54:38.559 Also die Selbstbestimmung, auch für Männer und für - einfach eine 50-50-Situation. 00:54:38.759 --> 00:54:46.607 Alle gleich viel Zugang zu Mitteln, alle gleich viel Zugang zu, oder nicht Zugang, 00:54:46.807 --> 00:54:49.321 sondern Übernahme von Pflichten, 00:54:49.521 --> 00:54:56.986 ein wirkliches Umsetzen der Rechte, die wir theoretische haben, in der Praxis. Und so weiter. 00:54:57.186 --> 00:55:01.549 Aber ich bin ein bisschen schlecht in Zukunftsvisionen, 00:55:01.749 --> 00:55:06.878 weil mir immer sofort in den Sinn kommt, was alles wo wie anders laufen könnte. 00:55:07.078 --> 00:55:08.527 Was ja auch nicht ganz falsch ist. 00:55:08.727 --> 00:55:13.252 Also ich bewundere die sogenannten Zukunftsforscher, die dann auch immer sehr genau wissen, 00:55:13.452 --> 00:55:18.395 was in 20, oder von mir aus 100 Jahren, wie sein wird, 00:55:18.595 --> 00:55:21.716 allerdings habe ich jetzt schon, nachdem ich ja schon lange auf der Welt bin, 00:55:21.916 --> 00:55:24.841 habe ich schon viele Prophezeiungen von Zukunftsforschern 00:55:25.041 --> 00:55:28.057 - und ich verwende jetzt auch sehr bewusst die männliche Form - 00:55:28.257 --> 00:55:32.341 gehört, die sich sowas von nicht bewahrheitet haben, 00:55:32.541 --> 00:55:39.365 dass ich mir denke, es ist eh gescheiter, man bleibt so in einem überschaubaren Zeitrahmen.